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Autor Thema: [Background] Wege zur Erkenntnis, Wege zur Erlösung  (Gelesen 81148 mal)
Beschreibung: Remy le Duc: Charakterbogen, Präludium und Tagebuch
Wuschel
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« Antworten #15 am: Juli 25, 2008, 15:44:27 »

Als er sich einige Herzschläge lang von der seltsamen Szenerie wegbewegt hatte, gewann die Welt wieder an Farbe und Remy spürte wie die Wärme des Tages langsam ihn seinen Körper zurückkroch. Auch das Gefühl von Gefahr hinter ihm verschwand.

Im innern der Kutsche roch es so stark nach Verwesung, daß es Remy fast die Tränen in die Augen trieb.  Überall lag Asche. Er konnte kaum etwas erkennen.

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Aphiel
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« Antworten #16 am: Juli 25, 2008, 21:12:38 »

Der Husten kehrte beim Geruch der Asche zurück, drohte ihm die Kehle zu verschliessen und wieder brannten seine Augen. Dennoch zwang sich Remy, durchzuhalten. Wenn dies eine Prüfung seines Glaubens war, wenn die Mächte des Bösen ihn hier zum Rückzug bewegen wollten, dann würde er ihnen widerstehen. Er würde diese Reliquie vor ihrem schändlichen Einfluss bewahren.

Seine Augen überflogen das aschebedeckte Innere der Kutsche; schnell sprangen sie von links nach rechts, von einer Ecke in die andere, und versuchte, selbst in den Schatten noch etwas zu erkennen. Der Lichtstrahl, der durch das dichte Blätterdach und in die Kutsche hinein fiel, half ihm einerseits, da er Helligkeit spendete; er machte es so aber auch schwieriger, die nicht beleuchteten Bereiche klar zu erkennen.

Ob die Reliquie wohl so groß ist, dass sie nur unter einer der Sitzbänke Platz gefunden hat? Oder vielleicht ist sie ja so klein, dass sie samt Behälter in eine Manteltasche passt? Hoffentlich wurde sie nicht beschädigt...

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Remy le Duc (Vampir)
Wuschel
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« Antworten #17 am: Juli 27, 2008, 17:59:09 »


Er.... hörte etwas. es war fast nicht wahrzunehmen... ein Rieseln.
Remy kletterte hinein fing an in der Asche zu graben. Sie roch ekelerregend. Er bekam ein paar weiße Splitter zwischen die Finger... Knochensplitter.
Doch endlich ganz unten in der Kutschentür, entdeckte er ein Geheimfach. Es war unter dem ehemals purpurnen und jetzt verbrannten (?) Innenfutter versteckt und nur von einem einfachen Riegel gehalten. Langsam rieselte Asche durch die Ritzen in das Innere des Fachs hinein.
Es ging eine unheimliche und doch warme Präsenz von ihm aus.
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Aphiel
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« Antworten #18 am: Juli 27, 2008, 19:22:38 »

Hustend und mit vor Ehrfurcht bebenden Fingern löste Remy den Verschluss des Fachs, um die Reliquie herauszunehmen, doch hielt er einen Augenblick inne, bevor er es öffnete. Er sah hinauf zum Himmel, blinzelte in das Sonnenlicht und kniff die Augen zusammen, weil sie vom Licht und von den herumschwebenden Ascheflocken gereizt wurden. Dennoch versuchte er zu erkennen, ob die Schwärze schon das zerbrochene Fenster erreicht hatte, und um vielleicht einen weiteren Blick auf den Boten des Himmels zu werfen, falls dies von hier drinnen überhaupt möglich war.

Dann senkte er wieder demütig den Kopf, bekreuzigte sich und flüsterte "Steh mir bei, oh Herr!"

Er beugte sich über das Fach und öffnete es, um die Reliquie schnell zu entnehmen und danach die Kutsche, die vorankriechende Schwärze und den Ort des Geschehens so schnell wie nur möglich zu verlassen.


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« Letzte Änderung: Juli 27, 2008, 19:44:02 von Aphiel » Gespeichert

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Remy le Duc (Vampir)
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« Antworten #19 am: Juli 28, 2008, 16:04:36 »

Es war keine Schwärze zu sehen. Das Blätterdach des Waldes mit seinen goldenen Sonnentupfen wirkte beinahe zu friedlich. Auch zu hören war absolut nichts, bis auf das leise, ängstliche Wiehern der Pferde.

Er schob den Riegel beiseite und öffnete das Türchen...und da war es:
Eine kleine Kiste, eine Elle lang und eine Halbe breit und hoch. Sie war aus Eisen, mit Gold beschlagen. Für diese kleine Truhe hätte man ein ganzes Dorf kaufen können! Die beschläge bildeten das Wappen der Heiligen Inquisition und einen Text auf Latein:

Nur wer den Wahren Glauben in der Seele trägt, wird Gnade vor GOTT finden.
Jeder andere fürchte SEINE Strafe


Ein Schauer von göttlicher Macht durchfuhr Remy. Er spürte förmlich die Anwesenheit des Allmächtigen.

Remy packte die Kiste und kletterte wieder hinaus. Bis auf die Schrecken des Unfalls war alles friedlich. Die Welt hatte ihre ganz normale Farbe. Keine Spur von der seltsamen Schwärze war geblieben, als wäre sie niemals dagewesen. Es war erstaunlich ruhig. Guillaume hatte sich wieder aufgesetzt und Franz manövrierte seine Ochsen durch den Ort des Grauens, indem er neben ihnen herging. Ein Tuch hatte er über ihr Augen gelegt, daß sie sich nicht von Szene erschrecken ließen.
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« Antworten #20 am: Juli 28, 2008, 19:21:47 »

Die Zeichen und Siegel erkannte Remy sofort als die der Heiligen Mutter Kirche und auch der Text verriet ihm, wie kostbar dieser Schatz war. Ein so teures Artefakt musste ganz sicher höchst wichtig sein. Remy fühlte, dass er richtig gehandelt hatte, als er es vor der Schwärze rettete.

Außerhalb der Kutsche galt Remys erster Blick der Umgebung, oder vielmehr der göttlichen Botin. Seine Augen suchten nach ihr, nach seiner Verbindung zum Herrn. Die Schwärze war zwar fort, aber hatte sie die Korrumption überstanden? War sie etwa vernichtet worden? Oder war sie noch rechtzeitig heimgekehrt in die himmlischen Spähren?

Die weißen Pferde, die einst die Kutsche gezogen hatten, waren nur noch leise in der Distanz zu vernehmen, zu sehen waren sie nirgends. Franz hatte sie zwar losgeschnitten und beruhigt, doch nach dem unirdischen Schrei und der Erscheinung schienen ihre Fluchtinstinkte letztendlich doch stärker gewesen zu sein. Hatte die Erscheinung nicht auch ihm geraten, diesen Ort schnellstmöglich zu verlassen?

Alles flieht von dieser Stätte, und das sollten wir auch, dachte Remy. Es sind gesegnet die Orte, an denen der Herr Wunder tut, doch dieser gehört wohl nicht dazu. Hier hat Er seinen Zorn walten lassen.

Remy schickte sich an, von der umgestürzten Kutsche herunter zu klettern, doch wollte er dabei das Kästchen nicht loslassen, weshalb er letztendlich in die Hocke ging und sprang. Der Weg zum Boden war zum Glück nicht weit, und er hielt dabei den Behälter mit der Reliquie fest umklammert, dass er ihm nicht entgleiten konnte. Am Ochsenkarren angekommen legte er den Kasten vorsichtig neben seinen Wanderstab und seine Umhängetasche, jedoch ließ er eine Hand darauf liegen, während er mit dem Wagen einherschritt.

Und er tat, was die Erscheinung ihm geheißen hatte: er blickte nicht mehr zurück.
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« Letzte Änderung: Juli 28, 2008, 19:30:01 von Aphiel » Gespeichert

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« Antworten #21 am: Juli 30, 2008, 16:44:44 »


--- 6 Wochen später, 7. Mai 1204 ---

Remys Muskeln hatten sich langsam ans Reiten gewöhnt. Er und Guillaume hatten beschlossen die Pferde zu nehmen und sie in Krakau der Kirche zurückzugeben und sich bald von Franz verabschiedet. Den toten Kutscher hatten sie noch mitgenommen und in einer Gemeinde in der Nähe beigesetzt. Es war einfach ihre Pflicht gewesen.
Sie fühlten sich leichter, je weiter sie sich von der Stätte des Grauens entfernt hatten, und doch blieb in ihren Hinterköpfen etwas davon hängen, denn es verfolgte sie ih ihren Träumen. Guillaume hatte es nicht gewagt zu versuchen die kleine Truhe zu öffnen, auch wenn Remy das Gefühl beschlich, daß er es gekonnt hätte. Nun war sie in ein Bündel verschnürt, das wiederum an Remy festgeschnürt war. Er hatte sie gerettet, und er hatte die Ehre die vermutete Reliquie zu tragen.

Remy hatte volle 4 Wochen nicht gesprochen. Er schien der einzige gewesen zu sein, der die geisterhafte Erscheinung der Botin wahrgenommen hatte. Er fragte sich was mit ihr geschehen war, ob sie sich wieder zeigen würde. Doch für solche Gedanken hatte er keine Zeit. Die Stadt war in Sicht gekommen:
Krakau, Hauptstadt des Königreichs Polen.
Den Sitz der Reliquie an seinem Körper prüfend, blickte er zum Wawel hinauf, der Burg die auch gleichzeitig christliches Zentrum der Stadt war.

« Letzte Änderung: Juli 31, 2008, 10:43:16 von Wuschel » Gespeichert
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« Antworten #22 am: Juli 31, 2008, 17:05:21 »

Remy hatte in seiner stummen Zeit viel nachgedacht, über die Bedeutung der Reliquie, die er nun bei sich trug, über den Kutscher und seinen Passagier, über die Himmelsbotin und über die Ereignisse, von denen er nun ein Teil geworden war. Mehr als einmal dachte er daran, dass es alles so gewollt war, dass der Herrgott ihn ausgerechnet an diesem Tag an dem Ort hatte sein lassen. Und je näher sie dem Ziel der Reise kamen, desto mehr hoffte Remy auf eine Lösung des Geheimnisses.

Als die Zeit des Schweigens vorüber war, konnte er zwar wieder sprechen, aber viel redete er dennoch nicht. Zum Glück kannte Guillaume die Eigenheiten des jungen Mitbruders mittlerweile recht gut und war daher auch nicht weiter verwundert, als Remy in der Zeit nach dem Vorfall erstmal nichts von sich gab. Seit Remy wieder sprach, hatte der ältere Bibliothekar ihm aber durchaus die ein oder andere Frage gestellt, wohl auch, weil ihn die Ereignisse ebensowenig losließen wie Remy. Manche davon hatte Remy beantwortet, andere nicht. Das Kästchen selbst hatte er Guillaume gezeigt, so oft dieser es sehen wollte, aber der ältere Mönch beließ es oftmals bei einer Betrachtung. Danach wurde auch er stets nachdenklich, so als würde er versuchen, sich an etwas zu erinnern. Aber meistens erzählte Guillaume von sich aus Geschichten, zitierte Passagen aus der Heiligen Schrift, und sprach über andere Themen. Oder er stimmte eine Hymne an, in der Hoffnung, Remy würde einsteigen, was er zum Ende der Reise auch manchmal tat. Langweilig wurde keinem von beiden auf der Reise.

Nun, da sie Krakau erreicht hatten, erfaßte eine merkwürdige Aufregung Remy. Es war wieder fast so, wie bei der Begegnung mit der Gesandten, als wäre die Lösung eines Geheimnisses in greifbarer Nähe. Und dieses Gefühl verstärkte sich noch jedes Mal, wenn er hinauf sah zur Burg.

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« Antworten #23 am: August 01, 2008, 16:22:34 »


von http://www.wawel.net/malarstwo/glowacki.htm

Der junge Mönch sah hinauf zur beeindruckenden Burganlage. Remy war so beeindruckt, daß er aufhörte zu denken und einfach für einen Moment nach oben starrte.
Er war froh, daß die Pferde den Anfang des Anstiegs für sie meistern würden, besonders wegen Guillaume, der von der langen Reise sichtlich erschöft war. Der Alternde - er schien wirklich um einige Jahre älter geworden zu sein, als seien die Wochen Jahre gewesen -  hatte sich kein einziges Mal beklagt.

Schon bald kam das untere Burgtor In Sicht. Dort Standen zwei Arten von Wachen: zwei Soldaten in den Landesfarben gekleidet, die jedoch neben den halb purpur und halb gelbgoldenen Waffenröcken der Heiligen Inquisition verblassten.
Guillaume begann langsam vom Pferd abzusteigen...
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« Antworten #24 am: August 01, 2008, 17:29:12 »

Purpur und Gold!

Remy erkannte die zwei Farben sofort als die der Kutsche. Das Gefühl, dass er der Lösung des Geheimnisses näher gekommen war, verstärkte sich noch. Er studierte aufmerksam die Gesichter der Wachen. Guillaume begann vom Pferd zu steigen, und Remy folgte seinem Beispiel.

Es müssen Männer der Kirche sein. Ob sie auf uns gewartet haben? Aber woher sollten sie von uns wissen? Vielleicht hat man ja die Kutsche gefunden? Sie werden mit Sicherheit dankbar sein, dass wir den heiligen Schatz retten konnten.

Remy würde beobachten, was als nächstes geschah. Als Älterem war es an Frère Guillaume das Wort zu führen. Außerdem hatte ihm die Einladung des hiesigen Bibliothekars gegolten, dessen Namen Remy bislang nicht erfahren hatte. Der jüngere Mönch würde sich im Hintergrund halten und nur sprechen, wenn er gefragt wurde; ganz genau so, wie er es immer in diesen Situationen tat.

Und doch sprudelte etwas in Remy, es war wie ein heller Funke der Aufregung und die Vorfreude auf den Augenblick, wenn er das heilige Artefakt würde übergeben können. Vielleicht sogar dem hiesigen Bischof oder Erzbischof selbst? Oder einem noch höheren geistlichen Würdenträger? Immerhin trug das Kästchen offizielle Kirchensiegel. Aufmerksam lauschte Remy den Worten seines Mentors...
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« Letzte Änderung: August 01, 2008, 17:30:48 von Aphiel » Gespeichert

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« Antworten #25 am: August 02, 2008, 16:20:22 »

Gauillaume nahm eine noch demütigere Haltung an, asl sie auf die Wachen zugingen.
Einer der Männer in Purpur trat vor. Er war groß, blond und Muskelbepakt. Außerdem truge er eine Hellebarde. Damit stampfte er einmal auf.

"Was ist Euer Begehr, Brüder?"

"Ich bin Frère Gauillaume und das," er wies auf den jungen Mann, "ist Remy, mein Novize. Wir sind von Saint-Benoît-sur-Loire und folgen der Einladung von Bruder Jonathan von Sternberg. Ich überantworte hiermit dem Regenten diese Pferde, denn sie gehören rechtmäßig der Heiligen Mutter Kirche. Des weiteren habe ich dem Erzbischof, und nur ihm, eine wichtige Nachricht zu überbringen."

Die Spannung stieg. Die Wache musterte sie lange, mit durchdringendem Blick. Remys Nackenhaare stellten sich auf. Er war erführchtig. Nein er fürchtete sich. Er bekam den Drang die Relique von sich zu reißen und sie der Wache unter die Nase zu halten.

"Ich werde nach ihm Bruder Jonathan schicken lassen. Ich lasse die Pferde versorgen, " antwortete der Mann, der nicht mal die zwanzig erreicht hatte endlich. "Setzt euch hier in den Schatten. Ich lasse euch Wasser und Brot bringen."

Sie setzten sich uns Gras unter eine Weide und warteten. Guillaume warf Remy einen blick zu, der ihn keine Fragen stellen ließ. Bald lief ein Junge flink den Ber hinauf und ihnen wurde ein Tonkrug und zwei Becher mit Wasser, ein sogar noch warmes Bauernbrot und sogar etwas geräucherter Fisch gebracht. Es war Freitag. Sie aßen und sprachen kein Wort.
Die Dämmerung senkte sich langsam über die Burg, als ein junger Mönch von Berg herrunter kam. er sprach sie an:

"Verzeiht daß ihr solange warten müßtet. Ich bin Bruder Herold. Folgt mir bitte."

Der Anstieg war hart, aber sie hatten sich zuvor gut ausruhen können. Sie wurden durch das gewaltige Tor den Innenhof hinunter zur Abtei geführt. Genauergesagt zum Wohnhaus der Mönche. Man konnte wenig in der wachsenden Dunkelheit erkennen. Herold brachte sie in die Küche. an der Offenen Feuerstellt glühten die Kohlen noch. "Wartet bitte kurz hier," entschuldigte sich der Ordensbruder.
« Letzte Änderung: August 03, 2008, 17:07:17 von Wuschel » Gespeichert
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« Antworten #26 am: August 03, 2008, 14:58:30 »

Remy betrachtete das Benehmen des kirchlichen Wächters aufmerksam und war sich innerhalb weniger Augenblicke bewußt, dass er diesen in Purpur gekleideten Soldaten nicht leiden konnte. Er war bereits ein- oder zweimal einigen Schwertbrüdern begegnet; das war noch in Frankreich, in der großen Abtei von Cluny gewesen, wo sie eine Unterkunft für die Nacht und den Segen des Abtes auf der Durchreise erbaten. Und obgleich diese Gotteskrieger den Ruf hatten, unerbittlich gegenüber den Feinden des Glaubens zu sein, so waren sie doch den Mönchen und selbst den Laienbrüdern gegenüber um einiges freundlicher gewesen, als dieser ruppige Kerl in Purpur. Vor allem mochte Remy seinen Blick nicht. Er selbst mußte zwar leicht die Augenlider zusammen kneifen, um den Mann genau zu erkennen, aber in dem Moment, da er selbst angesehen wurde, durchzuckte es ihn. Schnell wandte Remy seine Augen zum Boden, doch war ihm, als könne er den kühlen starrenden Blick noch immer auf sich spüren und er wußte, dass der andere die Hellebarde sicher nicht zur Zierde mit sich trug. Angst und Anspannung erfaßten sein Herz.

Remys Lippen pressten sich aufeinander. Der Funke der Vorfreude, der eben noch in ihm gelodert hatte, war einem Gefühl aus Angst und Ärger gewichen, und am liebsten hätte er wirklich die Reliquie hervorgeholt, um dem Wächter durch ihren Anblick zu verdeutlichen, wen er da so hochmütig behandelte.

Innerhalb desselben Herzschlags noch tadelte sich Remy innerlich. Wer ist nun voll des Hochmuts und der Selbstgerechtigkeit, Remy? Du hast zwar diesen Schatz geborgen, doch macht dich das nicht zu einem besonderen Menschen. Du hast getan, was jeder gute Christenmensch in deiner Situation getan hätte, also verwechsle nicht deinen Glaubenseifer mit Stolz oder Hochmut, denn das sind Sünden! Danke lieber dem Herrn demütig dafür, dass du derjenige warst, der seinen Boten sehen und seinen Willen erfüllen durfte.

Remy hob den Kopf erst wieder, als der Wächter die Anweisung erteilte, dass sie warten sollten. Und aus der Ferne betrachtet sah er auf einmal auch nur noch halb so gefährlich aus, so als würde er einfach nur seinen Dienst tun. Mit einem leisen Seufzer begleitete Remy seinen Mentor zum Baum und half ihm beim Hinsetzen, bevor er selbst seinen Wanderstab und die Umhängetasche aus grobem, aber festen Leinen ablegte und sich daneben setzte. Die Reliquie hatte er dicht an seinen Leib gebunden und er nahm sie nicht ab; nicht so kurz vor dem Ziel.

Guillaume wollte nicht sprechen, das erkannte Remy sofort an dessen Blick. Dabei hätte Remy schon so einige Fragen gehabt, zum Beispiel, wer Bruder Jonathan war, woher Guillaume ihn kannte und ob er bereits wüßte, wegen welchem Text oder Manuskript sie die lange Reise unternommen hatten. Letzteres würde er zwangsläufig erfahren, wenn er wieder einmal etwas abschreiben durfte. Aber irgendwie schien es ihm auch, als würden im Kopf des älteren Bibliothekars momentan ganz andere Gedanken umhergehen. Ist es wegen der Reliquie? Wegen der Männer in Purpur und Gold? Weiß er mehr, als er mir sagen will?

Während der Reise hatten die beiden Mönche nie alle der Stundengebete abgehalten, doch für Matutin (Morgengebet) und Vesper (Abendgebet) war jeden Tag die Zeit gewesen. Da es aber noch nicht ganz Abend war, entschied sich Remy für eine Non, das nachmittägliche Gebet zur neunten Stunde, auch wenn diese wahrscheinlich bereits vorbei war; doch hatten sie im Augenblick die Zeit dafür. Remy hielt die Non schweigend ab und sang die Verse still in seinem Kopf. Er wußte, dass Guillaume dasselbe tat, denn er hatte sein kleines Büchlein mit den Psalmen offen in der Hand. Nach der letzten stummen Note sah Remy wieder hinauf zur Burg, von der sich gerade ein Junge näherte. Es gab also etwas Essen für die Wartenden. Fisch und Wasser; und das Brot war noch ganz warm und schmeckte einfach wunderbar, was die Stimmung des jungen Franzosen hob. Dann warteten sie wieder.

Noch hat die Glocke nicht geschlagen, also ist noch Zeit bis zur Vesper. Vielleicht dürfen wir sie mit den Brüdern hier feiern? fragte sich Remy, während die Dämmerung voranschritt. Letztendlich kam aber jemand zu ihnen: Bruder Herold. Remy betrachtete ihn eingehend, doch würde er abermals Guillaume das Wort überlassen; er half ihm lediglich hoch und ergriff dann seine Tasche und den Wanderstab.

Auf dem Weg hinauf zur Burg, aber vor allem in ihrem Inneren sah sich Remy neugierig um, doch machten es die Lichtverhältnisse ziemlich schwierig. Letztendlich waren sie aber angekommen, und abermals hieß es warten. Selbst die aufmerksamste Studie ihrer momentanen Umgebung brachte Remy keine neuen Erkenntnisse: dies war eine Küche, und das würde sich nicht ändern, so sehr er auch starrte.

Wo mögen sie nur alle sein? fragte er sich im Stillen. Daheim in Fleury würden die Konversen bestimmt bereits das Abendessen zubereiten, während die Chormönche die Vesper beten. Aber hier ist niemand.

Unter dem Habit wurde es ihm bald recht warm in der Küche, und nach einigen Minuten des Wartens, hielt er es einfach nicht mehr aus: er murmelte Guillaume leise in ihrer Heimatsprache eine Frage zu: "Hat die Glocke etwa schon geschlagen?"
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« Letzte Änderung: August 03, 2008, 16:58:05 von Aphiel » Gespeichert

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« Antworten #27 am: August 03, 2008, 17:28:17 »

"Reiß dich zusammen, Remy," war die harsche Antwort, die er ehielt. Etwas sanfter sagte der Ältere: "Bald, Remy, bald...."
Der jungere konnte beinahe hören, wie Gauliiume sich innerlich schalt.
Nach einigen Minuten wurden leise Stimmen hörbar. Sie kamen vom Hof. Kurz darauf öffnete sich die Kückentür und einige Mönche, es waren etwa zwei dutzend, den Raum füllten.
Sie blickten staunend auf die beiden Gäste.
Aus ihrer Mitte trat ein Mann hervor.
Er war alt, nein uralt.
Er war groß und dünn wie ein ausgezehrter Asket, wirkte er.
Alle resolute Anspannung wich aus der Runde, als Gaulliaume den Mann aufs herzlichste begrüßte.
Sie verfielen in eine fremde Sprache und strahlten sich an wie Brüder die über Jahre getrennt gewesen waren.
Das einzige was Remy - und wohl auch die restlichen Mönche- verstand, war ein Name:
Jonathan.
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« Antworten #28 am: August 03, 2008, 18:25:35 »

Remy zuckte im ersten Augenblick zusammen. Selten sprach sein Mentor so mit ihm. Fühlte Guillaume sich etwa beobachtet? Sein Blick glitt umher, jeden Winkel erneut betrachtend. Die sanfteren Worte und das Verhalten des Bibliothekars belehrten ihn eines besseren, denn offenbar war nicht allein Remy so angespannt. Oder er macht sich mehr Sorgen, als er zugeben will... aber worüber?

Dann näherten sich die Schritte und mit einem Schlag war der Raum voll von Menschen. Remy sah die anderen an, versuchte anhand ihres Habits zu erkennen, welchem Orden sie angehörten. Und dieser Alte da... aber was war denn plötzlich mit Guillaume los? Remy wusste ja, dass sein Mentor noch sehr rüstig war, aber so zügig und voller Freude hatte er ihn auch noch nicht erlebt.
Jedenfalls starrte er bei der gegenseitigen Begrüßung nur und musste sich spontan wieder ins Gedächtnis rufen, dass man einen Mund auch schliessen kann und nicht offen in der Weltgeschichte herum trägt.

Er lauschte dem Wirrwarr an Worten, das die beiden miteinander austauschten, und verglich es mit den Sprachen, die er beherrschte, ob ihm irgendwas davon bekannt vorkäme oder er ableiten könnte, was für eine Sprache dies sein mochte. Den Gesichtern der anderen Anwesenden entnahm er noch, dass es wohl eher nicht Polnisch war, denn dann hätten sie nicht so verständnislos dreingeblickt.

Jonathan.. Jonathan? Ist der alte Mann etwa der Jonathan? Oder kennen sich die beiden von früher und besuchen diesen geheimnisvollen Jonathan gemeinsam?

Remy faltete abwartend die Hände, wobei er das dicht verschnürte Bündel mit der Reliquie an seinem Körper wieder spürte. Auf gewisse Weise gab ihm das Selbstsicherheit und so wartete er schweigend ab, was als nächstes geschehen würde. Immerhin verlangten bereits mehr als zwanzig Augenpaare zu wissen, wer die Neuankömmlinge waren. In Gedanken bereitete Remy bereits eine Antwort in Latein vor, die nicht zu tölpelhaft klang.
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« Antworten #29 am: August 04, 2008, 22:05:20 »

Schnell wurde Gaulliaume wieder ernst.
Er sprach ein paar schnelle Markante Worte in dieser Sprache, die weder einer romanischen, noch ein slawischen oder germanischen Sprache ähnelte.
Der Uralte zog eine dünne Augenbraue hoch und wirkte dann bestürzt.
Schnell gestikulierte er Guillaume ihm zu folgen.
Dieser warf Remy ebenfalls einen bedeutenden Blick zu der sagte: Folge uns.

Was blieb Remy anderes übrig?
Er folgte durch die kahlen Treppenhäuser aus Stein so schnell er im Dunkeln konnte. Der Führer schien sich so gut auszukennen, daß er kein Licht benötigte, ganz im Gegensatz zu den beiden Reisenden. Schnell waren sie verwirrt.
Nicht lange und sie erreichten eine Tür, die nach dem öffnen die Blick auf eine mit wenigen Kerzen beleuchtete Bibliothek. Drinnen bekamen sie einen Schemel angeboten, doch bevor sie sich setzten, stellte sie Gauillaume einander vor.

"Dies ist Bruder Jonathan von Sternberg. Und dies, " abermals wurde auf besagten gewiesen, "ist Remy. Der Würdenträger."
Angenehmerweise war die Konversation auf französisch gewechselt. Freundlich blickte ihn Bruder Jonathan von Sternberg an. In seiner Stimme war ein Unterton wie von rieselndem Sand.
"Nennt mich Bruder Jonathan, Würdenträger Remy."
« Letzte Änderung: August 04, 2008, 22:22:30 von Wuschel » Gespeichert
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