Aphiels Antwort war "ich rate einfach mal: Goethe, Faust",
medusas child hat leider nicht geantwortet,
Shilindras Antwort war "Walther von der Vogelweide müsste aus Reichston sein".
Ein Punkt für Shilindra.
Die richtige Lösung lautet:
Reichston
von Walther von der Vogelweide
zwischen 1198 und 1201
Der Reichston besteht aus drei Strophen, die auch als eigenständige Werke angesehen werden können:
Ich saz ûf eime steine (
Ich saß auf einem Steine – Reichsklage)
Ich hôrte ein wazzer diezen (
Ich hörte ein Wasser rauschen – Weltklage)
Ich sach mit mînen ougen (
Ich sah mit meinen Augen – Kirchenklage)
Hier das ganze Werk:
ReichstonIch saß auf einem Steine:
Da deckt' ich Bein mit Beine,
Darauf der Ellenbogen stand;
Es schmiegte sich in meine Hand
Das Kinn und eine Wange.
Da dacht' ich sorglich lange
Dem Weltlauf nach und ird'schem Heil;
Doch wurde mir kein Rat zuteil,
Wie man drei Ding' erwürbe,
Daß keins davon verdürbe.
Die zwei sind Ehr' und zeitlich Gut,
Das oft einander schaden tut,
Das dritte Gottes Segen,
An dem ist mehr gelegen:
Die hätt' ich gern' in einem Schrein.
Ja leider mag es nimmer sein,
Daß Gottes Gnade kehre
Mit Reichtum und mit Ehre
Je wieder in dasselbe Herz.
Sie finden Hemmung allerwärts:
Untreu hält Hof und Leute,
Gewalt fährt aus auf Beute,
So Fried' als Recht sind todeswund:
Die drei haben kein Geleit,
Die zwei denn werden erst gesund.
Ich hört' ein Wasser rauschen
Und ging den Fischen lauschen,
Ich sah die Dinge dieser Welt,
Wald, Laub und Rohr und Gras und Feld,
Was kriechet oder flieget,
Was Bein zur Erde bieget,
Das sah ich, und ich sag' euch das:
Da lebt nicht eines ohne Haß.
Das Wild und das Gewürme,
Die streiten starke Stürme,
So auch die Vögel unter sich;
Doch tun sie eins einmütiglich:
Sie schaffen stark Gerichte,
Sonst würden sie zunichte;
Sie wählen Kön'ge, ordnen Recht
Und unterscheiden Herrn und Knecht.
So weh dir, deutschem Lande,
Wie ziemet dir die Schande,
Daß nun die Mücke hat ihr Haupt,
Und du der Ehren bist beraubt!
Bekehre dich! Vermehre
Nicht noch der Fürsten Ehre.
Die armen Kön'ge drängen dich:
Phillipp setz' den Waisen auf,
So weichen sie und beugen sich.
Ich sah mit meinen Augen
der Männer und Frauen Geheimnisse,
dabei hörte ich und sah,
was immer jemand tat, was immer jemand sprach:
in Rom hörte ich lügen
und zwei Könige betrügen.
Dadurch erhob sich der größte Streit,
der jemals war oder jemals sein wird,
als sich zu entzweien begannen
Pfaffen und Laien,
es war eine Not über alle Not,
Leib und Seele lagen tot darnieder.
Die Pfaffen stritten heftig,
doch wurden es immer mehr Laien.
Die Schwerter legten sie daraufhin nieder,
sie griffen wieder zu der Stola,
sie bannten diejenigen, die sie wollten
und nicht denjenigen, den sie sollten.
Darauf störten sie die Häuser Gottes,
da hörte ich fern in einer Klause
sehr großes Wehklagen.
Da weinte ein Klausner,
er klagte Gott sein Leid:
„O weh, der Papst ist zu jung;
hilf, Herr, deiner Christenheit!“
Und hier die Originale Fassung in Mittelhochdeutsch:
Ich saz ûf eime steine
und dahte bein mit beine,
dar ûf satzt ich den ellenbogen;
ich hete in mîne hant gesmogen
daz kinne und ein mîn wange.
dô dâhte ich mir vil ange,
wie man zer werlte solte leben
deheinen rât kond ich gegeben,
wie man driu dinc erwurbe,
der keinez niht verdurbe.
diu zwei sind êre und varnde guot,
daz dicke ein ander schaden tuot;
das dritte ist gotes hulde,
der zweier übergulde.
die wolte ich gerne in einen schrîn.
jâ leider desn mac niht gesîn,
daz guot und weltlich êre
und gotes hulde mêre
zesamene in ein herze komen.
stîg unde wege sint in benomen:
untriuwe ist in der sâze,
gewalt vert ûf der strâze,
fride unde reht sint sêre wunt:
diu driu enhabent geleites niht,
diu zwei enwerden e gesunt.
Ich horte ein wazzer diezen
Und sach die vische flizen;
Ich sach, zwaz in der werlte was,
velt unde walt, loup, ror und gras;
swaz kriuchet unde fliuget
und bein zer erden biuget,
daz sach ich unde sage iu daz:
der keinez lebet ane haz.
Daz wilt und daz gewürme
Die stritent starke stürme,
samt tuont die vogel under in;
wan daz si habent einen sin:
sie diuhten sich zu nihte,
si'n schüefen starc gerihte:
sie kiesent künege unde reht,
sie setzent herren unde kneht.
so we dir, tiuschiu zunge,
Wie stet din ordenunge,
daz nu diu mugge ir künec hat,
und daz din ere also zergat!
Bekera dich bekere!
Die zirken sint ze here,
die armen künege dringent dich:
Phillipe setze en weisen uf und
heiz sie treten hinder sich!
Ich sach mit mînen ougen
manne unde wîbe tougen,
daz ich gehôrte und gesach
swaz ieman tet, swaz ieman sprach:
ze Rôme hôrte ich liegen
und zwêne künige triegen.
dâ von huop sich der meiste strît,
der ê was oder iemer sît,
dô sich begunden zweien
pfaffen unde leien,
dâ was ein nôt vor aller nôt,
lîp und sêle lâc da tôt.
die pfaffen striten sêre,
dô wart der leien mêre.
die swert legten si dâ nider,
si griffen an die stôle wider,
si bienen die si wolten
und niht den si solten.
dô stôrte man diu gotes hûs,
dô hôrte ich verre in einer klûs
vil michel ungebære.
dâ weinde ein klôsenære,
er klagete gote siniu leit:
„Owê der bâbest ist ze junc;
hilf, hêrre, dîner kristenheit!“