Dass die Anglisierungswelle derzeit stärker wogt denn je, ist nicht abzustreiten. Allerdings muss man sich vor Augen halten, dass dies kein Phänomen der Neuzeit ist. Man muss nur einmal an das 18. und 19. Jahrhundert zurückdenken, als der gebildete Mensch in Deutschland mehr französische Wörter als deutsche benutzte. Es hieß Portemonnaie anstatt Geldbeutel, und es hieß Trottoir anstatt Gehsteig, weil es eben Mode war (Ja, selbst "Mode" haben wir von den Franzosen übernommen... und die wiederherum haben es auch geklaut). Das alles kennt man und das alles wird auch wieder vorbeigehen (denke ich).
Anstrengend wird es aber, wenn in vollkommen sinnloser Weise deutsche und englische Begriffe miteinander vermischt werden.
Die Leute, die auf das Plakat am Rande der Autobahn geschrieben haben
"Fairplay on the Autobahn",* können sich vielleicht – aber nur vielleicht – noch mit der Ausrede retten, dass Autobahn als deutsches Lehnwort in den englischen Sprachraum eingegangen ist. Aber trotzdem liest es sich als deutscher Muttersprachler äußerst ... unangenehm.
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*Siehe hierzu das Bild im Anhang oder
http://farm1.static.flickr.com/90/233635589_a29c7c1bbc.jpg?v=0)
Wer allerdings auf Coca-Cola-Flaschen (Neudeutsch auch: Coke) schrieb
"It's your Heimspiel"*, gehört mal untersucht. Normal ist das nicht. Und bis vor kurzem hatte ich auch nicht einmal eine Erklärung, was das denn bringen soll. Dann wurde ich allerdings von einem Menschen, der in der Werbebranche arbeitet, darauf hingewiesen, dass das neuerdings aus Kostengründen (!) immer populärer wird. Man muss bei diesem Slogan bei der Lokalisierung für verschiedene Länder immer nur dieses eine Wort "Heimspiel" austauschen.
(
*Siehe hierzu das Bild im Anhang oder auch
http://schlabber-dog.com/data/itsyourbullshit.jpg)
Wenn es derartige Formen annimmt, dann müssen wir uns gar nicht wundern, dass heute keine Kind mehr richtig schreiben und sprechen kann. Da helfen weder neue, noch alte Rechtschreibregeln irgendwas.
Was die Schreibung von Delphin angeht: Ich gehöre ja sogar noch zu den Menschen, die Photoapparat, Telephon und Graphik im Privatleben (offiziell darf ich nicht mehr, weil es nicht dem Zeitgeist entspricht) mit PH schreiben. Und selbst in der Schule kam ich damit durch, nachdem ich angedroht hatte, demnächst dann auch Physik mit F und Ü schreiben zu wollen.
Aber ich finde es faszinierend: Es gibt mittlerweile doppelt so viele Fälle im Duden beschrieben, in denen es vollkommen egal ist, ob ein Komma gesetzt wird oder nicht, als Fälle, in denen festlegt ist, dass ein Komma stehen muss bzw. verboten ist. Trotzdem kenne ich nahezu niemanden, der es schafft auch nur drei Sätze ohne Kommafehler auf Papier zu bringen. (Und wenn jemand denkt, es sei schlau, gleich alle Kommas (ehemals: Kommata) wegzulassen, sollte der Betreffende eigentlich dazu verdonnert werden, seine Texte auch einmal selbst zu lesen – das ist nämlich eine Strafarbeit aller erster Güte!)
Alles ganz großer, taktischer Popomaisches, was da gerade geprobt wird.
Aber noch etwas: Warum wird neuerdings alles abgekürzt? Sogar in der gesprochenen Sprache... Warum? Es gibt Leute, die haben sich das Lachen abgewöhnt und sagen stattdessen "lol".
Aus "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" wird GZSZ, aus "Deutschland sucht den Superstar wird "DSDS" und "Alles Nur Aus Liebe" (
) wird kurzerhand zu "Verliebt in Berlin" und dann "VIB".
Man mag meinen, es sei den Jugendlichen heute nicht mehr möglich, sich mehr als drei oder vier Buchstaben am Stück zu merken.
Naja, wie auch immer. Das längste deutsche Wort, dass nicht aus zwei Wörtern zusammengesetzt ist, ist übrigens "Kameradschaftlichkeit".
Und ich bleibe bei meiner Meinung: Daran, Wörter auszuschreiben, ist noch niemand gestorben. Allerdings bin ich mir sicher, dass die Missverständlichkeit von Abkürzungen sicherlich schon Kriege entfacht hat.
Hiermit stelle ich für alle diejenigen, die sich veranlasst fühlen, schon Teer und Daunenfedern bereit.