Ich möchte doch noch etwas ergänzen, was vielleicht der Diskussion wieder ein wenig mehr Niveau gibt. Ich finde Arkams Beitrag dazu eine schöne Vorlage, vielen Dank.
Also:
Gene Roddenberry hatte die Welt von Star Trek als eine positive Weiterentwicklung der unseren betrachtet und entworfen. Der Schwerpunkt hierbei lag auf der Auslöschung sozialer Missstände wie Hunger und Rassismus, sowie ökonomischer Abhängigkeiten wie Energie und Geld. Demzufolge ist die Föderation und alles, was darunter fällt, als ein positives Spiegelbild konzipiert worden.
Literaturwissenschaftlich betrachtet gehört Star Trek damit zur sogenannten 'soft SF', da der Schwerpunkt hier auf der gesellschaftlichen Evolution liegt, nicht auf der wissenschaftlich/technologischen Weiterentwicklung. Daher kommt auch Arkams Eindruck, dass die Technologie nur zweitrangig ist; wie in allen SF Texten repräsentiert ein technologisches Gerät nur die Idee, die dahinter steckt, keinen wirklichen nachvollziehbaren Vorgang, der mit unseren Mitteln erreichbar wäre.
Ja, auch der tausendmal erläuterte Warp-Antrieb klingt logisch und gut durchdacht, kann aber von uns nicht nachgebaut werden, zumindest nicht ohne Dilithium-Kristalle und Antimaterie in magnetischen Eindämmungsfeldern. Und selbst wenn wir es könnten, so gäbe es doch keine Garantie, dass er auch das tut, was die Serie vorgibt. Er repräsentiert lediglich in ausgefeilter Version die (in der SF fast schon universelle) grundlegende Idee eines Überlichtantriebs.
Worum es Roddenberry mit seiner Schöpfung letztendlich ging, war die soziale, moralische und gesellschaftliche Evolution. Das sieht man vor allem daran, dass die Geschichten der Originalserie sich mit verschiedenen Grundstorytypen befassen. In denen kommt die Bedrohung für den erreichten Zustand, stellvertretend repräsentiert durch das Raumschiff Enterprise und seine Besatzung, entweder von außen (nicht-Föderationsplanet, feindliche Rasse/Imperium oder Überwesen) oder sie ist auf die noch immer präsenten menschlichen Schwächen zurückzuführen (das zeigt sich in Episoden, in denen menschliche Fehler zu Machtgier, Habgier oder Wahnsinn führten*).
Die so entstehenden Konflikte sind daher vor allem moralischer Natur, die sich eben nur selten durch Waffengewalt lösen lassen. Egal ob es dabei um Geiselsituationen geht
("Hilfe, ein Alien hat meinem ersten Offizier per Gedankenstrahl seinen Willen aufgezwungen! Wie exorziere ich das Ding, ohne ihn zu töten?")oder die simple Frage, ob die Anwendung von Waffengewalt den Anwender nicht selbst auf die Stufe des Übeltäters hinunter zieht
("Ein Photonentorpedo und seine Welt liegt in Trümmern!" - "Aber wozu macht uns das dann? Zu Massenmördern!"),
letztendlich kommt es darauf an, zu erzählen, wie weit die soziale, moralische und gesellschaftliche Evolution der Menschheit WIRKLICH voran geschritten ist, und dass auch die Menschen der Zukunft immer noch menschlich sind und immer noch Schwächen und Fehler haben. Und viel zu oft wurde auch hier wieder menschliche Überlegenheit demonstriert, wenn man mal nachzählt, wie viele Computer der gute Captain Kirk in seiner Laufbahn 'zu Tode argumentiert' hat...
Und man darf nicht vergessen, dass das Ganze auch noch in ein wöchentliches 45 Minuten TV-Format passen musste!
(*vgl.: die in Deutschland nie ausgestrahlte TOS-Folge "Patterns of Force", in der ein ehemaliges Sternenflottenmitglied auf einem Planeten ein totalitäres Regime entsprechend gewisser deutscher Vorlagen errichtet hat).
Zurück zum Thema:
Die Weiterentwicklung der Originalserie hat durchaus bewiesen, dass die perfekte Welt eben
NICHT perfekt ist (separatistische Tendenzen während der Kriege mit den Borg und dem Dominion, interne Machtkämpfe, der Maquis, Sektion 31), dass gerade durch die Interaktion mit anderen Rassen selbst die friedlichsten aller Bemühungen doch zum Krieg führen können (Deep Space Nine), und dass in Notsituationen manchmal der menschliche moralische Standard einfach nicht mehr anwendbar ist, wenn das Überleben zählt (Voyager).
Die Figuren besitzen durchaus Tiefe, ja,
gerade Nebencharaktere, wie der bereits erwähnte Gowron, der erst das kleinere von zwei Übeln in der Nachfolge um den klingonischen Thron war, dann ein wertvoller Alliierter und sich letztendlich in den Feind der Föderation wandelte, als er sich weigerte, die eroberten cardassianischen Welten wieder freizugeben. Eine solche Figur, mit nachvollziehbaren Beweggründen und Emotionen, die aber dennoch keine Hauptfigur ist, kann einfach nicht als flach bezeichnet werden.
Aber vielleicht ist ja alles auch nur eine Frage der Sichtweise? Dass genau diese "perfekte" (oder geleckte?) Welt und die Suche nach nicht-gewaltbasierten Lösungen nicht jedem gefällt, dürfte klar sein. Und dennoch ist sie
(für mich persönlich) wirklicher SF näher, als eine Welt, in der ein weiser alter Mann mit klugen Worten und erstrebenswerten Idealen in bester Lehrermanier um sich wirft - bevor er dann doch zum Lichtschwert greift und damit den Weg der Gewalt wählt. Beginnen nicht letztendlich auch alle Star Wars Filme mit den Worten "A long time ago, in a galaxy far far away"? Wird damit nicht schon eine gewisse räumliche und zeitliche Distanz vorgegeben, während sich Star Trek um eine Nähe zur Menschlichkeit bemüht?
Bitte nicht falsch verstehen, ich mag das Star Wars Universum - aber nur als leichte Unterhaltung für zwischendurch, denn mit ernsthafter SF hat es (
in meinen Augen) nicht viel zu tun.
Aber vielleicht bin ich ja auch einfach zu anspruchsvoll? Ich sollte mich wohl lieber damit begnügen, dass George Lucas, seine Romane und seine Filme so erfolgreich sind, wie sie sind.
Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn er den Weg eines anderen SF-Autors, eines gewissen L. Ron Hubbard gegangen wäre? Vielleicht würde dann in Hollywood niemand die Scientology kennen? Und alle Filmstars würden zum großen Mace Windu und seinen Jüngern Yoda und Obi-Wan beten? Ob das dann nun wirklich besser wäre, muss jeder für sich selbst entscheiden...

Ich für meinen Teil finde, dass beide Universen etwas haben. Es kommt lediglich darauf an, mit welchen Erwartungen man solchen Phänomenen begegnet.
just my 2 ... 5... 99 cent

mfg
Aphiel