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Autor Thema: [Background] Der Kreis des höheren Bewusstseins  (Gelesen 73116 mal)
Beschreibung: Rujanel: Charakterbogen, Präludium, Korrespondenz
Vomo
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»Nicht schlagen - du könntest dir weh tun.«


« Antworten #120 am: Februar 10, 2010, 23:41:51 »

Charakterbogen Rujanel (18. Mai 1204)




Ein Wechselbad der Gefühle brandete in ihm hoch. Vieles davon war ihm neu. Vieles davon war ihm vertraut. Und selbst einige Gefühle, die er nur selten in seinem Leben empfunden hatte überwältigten ihn mit aller Macht in diesem Zustand nach dem Leben.
Er spürte Hass. Hass auf die Bestie, die ihn so plötzlich aus dem Leben gerissen hatte.
Er spürte Mitleid. Mitleid mit dem Mann, der dieser Bestie nicht Herr werden konnte.
Er spürte Wut. Wut auf den Mann, der ihn zu dem gemacht hat, was er nun war.
Er spürte Liebe. Liebe zu allem was Lebendig war.
Er spürte Angst. Angst vor der Ungewissheit der Zukunft.
Er spürte Freude. Freude darüber, noch nicht endgültig vergangen zu sein.
Er spürte Ekel. Ekel vor dem, was in ihm war.
Er spürte Furcht. Furcht, die Kontrolle zu verlieren.
Er spürte Verachtung. Verachtung gegenüber der schändlichen Art der Bestie.
Er spürte Traurigkeit. Traurigkeit über den Verlust.
Er spürte Überraschung. Überraschung darüber, dass der Tod nicht das Ende war.
Er spürte Verzweiflung. Verzweiflung, dem ihm zugedachten Schicksal nie mehr entkommen zu können.
Er spürte Enttäuschung. Enttäuschung darüber, in dieser Situation allein gelassen worden zu sein.
Er spürte Neid. Neid auf all jene, die unwissend waren.
Er spürte Stolz. Stolz auf sein gelebtes Leben.
Er spürte Interesse. Interesse, das mehr über seinen Zustand erfahren wollte.
Er spürte Leid. Leid, dessen Ursprung in seiner tief verletzten Seele lag.
Er spürte Widerwillen. Widerwillen gegen das Leben, welches ihm aufgezwungen worden war.
Er spürte Zorn. Zorn, keine Chance gehabt zu haben.
Er spürte Scham. Scham, dass sich ein anderer für ihn geopfert hatte.
Er spürte Schuld. Schuld, nicht seiner eigenen Bestimmung gefolgt zu sein.
Die Trauer jedoch war allesbestimmend. Er konnte nicht einmal sagen ob es der Verlust des eigenen Lebens, der Verlust Rachamiels oder beides zusammen die Ursache dafür war.

Nur langsam und sehr vorsichtig setzte er sich auf. Er lauschte in sich hinein. Kein Herzschlag war zu hören. Kein Atem strömte in seine Lungen. All das hatte etwas Unwirkliches an sich und doch war es so real wie der felsige Boden, den er unter sich spürte. Er war sich der Geschehnisse, die zu diesem Moment geführt hatten vollkommen bewusst. Er war sich klar darüber, dass die Bestie, die ihn gerissen hatte nun ein Teil von ihm war. Sie schlummerte in ihm und er war ihr ausgeliefert.

Nichts war so, wie er es sich vorgestellt hatte. Nichts war so gekommen, wie er es sich gewünscht hatte. Er hatte sich bereiterklärt, Rachamiel zu begleiten, doch das es auf diese Art und Weise sein würde hätte er sich nie träumen lassen. Ein menschlicher Körper, dem zwei Seelen innewohnten. Beide füreinander verantwortlich und dennoch nicht im Einklang. Die Situation war so ungeheuerlich neu, dass er erst einmal sitzen blieb, um seine Gedanken zu ordnen und sich über sein weiteres Vorgehen klar zu werden.

Nichts trieb ihn an. Es gab kein Ziel, kein Weg, keine Aufgabe.

Mit langsamen Bewegungen zog er einen ledernen Beutel hervor und begann mit engelsgleicher Geduld jeden Krümel der Asche, den er entdecken konnte, einzusammeln, während seine Gedanken über all das, was ihn hierhergeführt hatte, kreisten.
« Letzte Änderung: Juni 10, 2010, 15:12:44 von Vomo » Gespeichert

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« Antworten #121 am: Februar 21, 2010, 00:17:16 »

Sein Beutel war beinahe schon voll, doch die Masse der Asche wollte kein Ende nehmen. Dazwischen, nur inzischen ergraut fand er das blutdurchtränkte Leinen, daß Rachamiel getragen hatte. Noch immer saß er inmitten des grauen Staubes, der auch sein Gesicht und seinen Restlichen Körper bedeckte.
Die ganze Masse seines Erzeugers - er wußte nicht, woher er das Wort hatte - lag um ihn verstreut.
In der Tat hatte er nichts bei sich getragen, außer dem, was Rujanel ihm zuvor zugeteilt hatte.
Das Tropfen um ihn herum kam einem regenhaften Weinen gleich.
Er wußte, das es keinen Sinn hatte, zu dem Ort zu gehen, den er mit Rachamiel in diesem seltsamem Zustand besucht hatte. Er wäre unfähig etwas dort zu finden. wußte er doch nicht so recht, was dort eigentlich geschehen war. Vorerst war das Geheimnis sicher, wie in sein inneres Auge gemeißelt.
Er konnte nur hoffen, das er im Haus Marcins etwas finden würde, das ihm weiterhalf.
Die unlebendigkeit seines Körpers war ihm noch immer fremd, genauso wie die unbekannten Kräfte, die er in sich spürte. Das Tier rumorte ungeduldig in ihm. Ein nie gekannter Hunger störte am Rande seine Gedanken.
Der Beutel hatte sich bis zum Rande gefüllt...
« Letzte Änderung: Februar 21, 2010, 12:36:38 von Wuschel » Gespeichert
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« Antworten #122 am: März 09, 2010, 13:25:25 »

Beinahe wie in Trance registrierte er, dass der Beutel nichts mehr fassen konnte. Mit Bewegungen, die nicht seine eigenen zu sein schienen, verschloss er den Beutel, legte ihn auf das Tuch, das einst die Kleidung Rachamiels gewesen war und zog einen weiteren Beutel hervor. Mit fast automatischen Handgriffen fing er an, auch diesen zu befüllen.

Langsam griffen eigene Gedanken Raum und drängten in sein Bewusstsein. Kurz hielt er in der sammelnden Bewegung inne und realisierte mit einigem Befremden im Blick, was er da tat um sogleich darauf mit den Schultern zu zucken und fortzufahren.

Es ist zu befürchten, dass diese felsige Kugel erneut auf mich zurollen wird, wenn ich diese Höhle auf dem selben Weg verlasen will, auf dem ich sie betreten habe. Ein weiteres Vordringen in die Höhle scheint jedoch ebenso wenig ratsam wie erfolgversprechend. Er verstärkte seine Anstrengung, seine derzeitige Tätigkeit zum Abschluss zu bringen um dann seine Aufmerksamkeit voll und ganz dem Verlassen dieses Ortes zu widmen.
« Letzte Änderung: März 10, 2010, 17:36:23 von Vomo » Gespeichert

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« Antworten #123 am: März 14, 2010, 17:52:49 »

Endlos schien die Zeit zu sein, in der er sammelte. Beutel um Beutel füllte er mit seinen wie von selbst arbeitenden Händen. Es war nicht ganz nur Asche und Staub.
Als er den vierten Beutel füllte, und Rachamiel zwischen seinen Fingern hindurchrieselte, blieb etwas auf seiner Handfläche liegen: Ein kleiner, zugeknoteter Beutel, der an einer Lederschnur befestigt war. Als er ihn öffnete, fand er darin eine kleine, filigrane Schnitzarbeit.
Er ertastete eine Kugel, die mit einem Geflecht bedeckt war, das in einem Baum gipfelte. In diesem spärlichem Licht konnte er es nicht ganz genau erkennen, doch er meinte farbige Früchte an den Ästen zu erkennen.
Als er später automatisch nach einem weitern Beutel giff, tasste er ins Leere.
Fünf hatte er in mühsamer Kleinarbeit gefüllt, und hatte auch beinahe alles aufgeklaubt.
Einen kleinen Rest würde er noch retten können, denn der Rest hatte sich mit dem Staub auf dem Boden vermischt.
Während seine Gedanken klarer wurden, bekam er langsam ein Gespür dafür, in welcher Gefahr er sich eigentlich befand.
Zudem regte sich etwas in ihm. Er wurde immer mehr geneigt diesen Ort zu verlassen, an dem er jederzeit zermahlt werdon könnte, und einen sicheren Ort aufzusuchen, an dem ihn kein Sonnenlicht treffen konnte und ihn niemand überraschen konnte.
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« Antworten #124 am: März 14, 2010, 20:49:39 »

Nachdem er alle Beutel gut verschlossen und sicher bei sich verstaut hatte wandte  er sich noch einmal der Nische zu, die ihm vor seinem Tod Schutz geboten hatte. Der Weg hier herunter mochte beinahe nahtlos von diesen Tropfsteinsäulen gesäumt sein, doch war es äußerst unwahrscheinlich, dass diese Steinsäulen auch dahinter so dicht standen, dass es keinen anderen Weg von hier fort gab. Trotz der Trostlosigkeit seiner Situation war er guten Mutes, einen sicheren Weg aus diesem Höhlensystem hinaus zu finden.

Noch einmal überprüfte er all seine Habseligkeiten und deren sichere Verwahrung an seinem Körper, dann ergriff er die Lampe und stieg durch die Bresche in der Reihe der Säulen. Vorsichtig und geduldig nahm er die Nische in Augenschein und leuchtete jeden Winkel aus.
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« Antworten #125 am: März 19, 2010, 21:31:04 »

Rujanel fiel es wieder ein. Er erinnerte sich undeutlich daran, wohin der Weg weiter ins Innere der Höhle führte. Zu dem geheimnisvollen Tor, hinter dem die letzten Worte Saulots verborgen lagen.
Das drängende in seinem Hinterkopf wurde stärker, Seine Konzentration blieb aus sein Ziel gerichtet. In der Nische, die seine Leben zunächst gerettet hatte, fand er als er sich an ein paar kleineren Steinsäulen vorbeigedrückt hatte, des Labyrithweg wieder - zumindest einen davon.
Hier konnte er seine schwere Last in einer Ausbuchtung ablegen, in die er sich direkt, aber mühsahm den Weg gebahnt hatte.
Die Müdigkeit, die ihn befiel, ließ sich nicht wegwischen. Zunächst fühlte er sich an diesem Ort so sicher wie es eben ging, keine Falle oder auch nur das leiseste Anzeichen von etwas ungewöhnlichem enteckte sein Auge. In dieser höchst Ungewissen Situation meinte er zu spüren, wie sich seine Sinne schärften. Ein weit entferntes Rutschen und Rieseln drang an sein Ohr. Zu weit entfernt, als daß er es hätte normalerweise hören können. Die Geräusche wurden ständig vom trommelnden Tropfen der Steine unterbrochen, dennoch waren sie real.
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« Antworten #126 am: März 20, 2010, 13:24:59 »

Mit der Erinnerung an das ursprüngliche Ziel kam auch die Erinnerung an die Umstände zurück. Es war Rachamiels Ziel gewesen, die Worte Saulots zu finden. Es war nicht das seine. Das war es nicht gewesen und es auch nicht im Moment. Es mochte sein, das es zukünftig auch zu seinem Ziel werden würde, aber das war für ihn im Moment nicht absehbar. Auch wenn er in sich gerade den leisen Drang verspürte die Suche Rachamiels zum Abschluss zu bringen, so schien ihm dieser Drang kein eigener zu sein.

Er versuchte sich zu konzentrieren und den fremden Wunsch zu verdrängen. Viel zu sehr musste er erst einmal diesen gefahrenvollen Ort verlassen und seine neue Natur ergründen und verstehen. Einiges hatte er schon aus den Gesprächen mit Rachamiel erfahren, aber er war sich sicher, dass dies nur ein kleiner Teil von dem war, was es an Wissen über die Kainskinder zu lernen gab.

Die Nische war sicher und er überlegte kurz, ob sie auch sicher genug für einen Lagerplatz war. Hier, in diesem Labyrinth aus tropfenden Säulen, wollte er auf keinen Fall mehr länger als nötig bleiben. So entschloss er sich, den Weg zum Ausgang zu suchen und diese unwirtliche Umgebung schnellstmöglich hinter sich zu lassen. Nur für den Fall, dass er keinen Weg finden würde, wäre diese Nische sein Lagerplatz, an welchem er dem sich langsam bemerkbar machenden Gefühl der Müdigkeit nachgeben würde.

Entschlossen und voller Tatendrang nahm er seine Sachen auf und orientierte sich in die Richtung, in der er den Ausgang vermutete.

Während er voranschritt erregten Geräusche seine Aufmerksamkeit. Auch wenn sie ihren Ursprung nicht in der näheren Umgebung hatte, war es ihm möglich sie wahrzunehmen. Es war so, als ob seine Ohren besser Hören konnten, als jemals zuvor. Und auch das Geräusch kam ihm vertraut vor. Es klang, als würde jemand sich langsam abseilen und dabei mit den Füßen auf dem feuchten, leicht sandigen Untergrund Halt suchen. Ist außer mir noch jemand in dieser Höhle? Schlagartig wurde ihm klar, dass seine Anwesenheit für andere kein Geheimnis sein würde. Das dünne, weiße Seil Rachamiels war immer noch am Abhang befestigt und harrte dort seiner Rückkehr! Es gab nur zwei Möglichkeiten für ihn, wollte er möglichen Besuchern verborgen bleiben. Entweder versteckte er sich hier, so gut es ging und versuchte dabei demjenigen auszuweichen, der da kam, oder er musste so schnell wie möglich den Abgrund erreichen und die Spur seiner Anwesenheit schnellstmöglich beseitigen.

Die voranschreitende Müdigkeit legte ihm ersteres nahe, doch die plötzliche Erkenntnis einer möglichen Gefahr mobilisierte ihn noch einmal bis in alle Fasern seines Körpers. Kurzentschlossen bewegte er sich, so schnell und so lautlos es ihm möglich war, in Richtung Abgrund.
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« Antworten #127 am: März 28, 2010, 17:48:52 »

Er musste sich wieder zurückpressen, an den Steinnadeln, die er zuvor passiert hatte, vorbei, in Richtung des einzigen Ausganges, den er kannte, zurück der Falle entgegen, die sein Schiksal und das Rachamiels besiegelt hatte.
Es gab ohne hin nicht mehr hier für ihn zu tun, denn sie Bronzescheibe mitzunehmen, die er noch immer deutlich vor seinem geitigen Auge sah, die er während seines Sterbens mit Rachamiel entdeckt hatte, würde er ohnehin nicht erreichen können, wenn er nicht annähernd so machtvoll geworden war wie sein Erzeuger.
Die Asche, die er mit sich trug, wog schwer und verlangsamte ihn stark.
Als er den Punkt erreichte, an dem er beinahe zermahlt worden war, stieg ihm der geruch geronnen Blutes in die Nase. Er roch sofort, daß es tot war, braun und leblos, daß keine Nahrung darin zu finden war.
Der Anblick der Nische, in die das seltsame Steinwesen geprallt war, erinnerte ihn daran, was ein Fehler auf diesem Weg bedeuten könnte. Um was ihn Rachamiel alles herumgeführt hatte, konnte er nicht erahnen, sich nur teilweise daran erinnern. Ohne den Himmel über sich war sein Zeigefühl verloren, er wusste nicht genau, wie weit es zu dem weißen Seil war, wie lange sie durch das Labyrith geirrt waren, auch, wenn er den Weg noch einigermaßen kannte.
Die Müdigkeit und das Bedürfnis, dem Vergessen nachzugeben, stiegen sprungartig weiter an. Weiter riet ihm sein Innerstes, einen sichereren Ort aufzusuchen, wie einem Tier sich vor den Räuber n der Wildnis zu schützen.
Bald würde es ihm übermannen, wie eine nahende Ohmacht spürte er es.
« Letzte Änderung: April 02, 2010, 21:18:58 von Wuschel » Gespeichert
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« Antworten #128 am: April 01, 2010, 16:57:59 »

Das was einst den Menschen Barnuta ausgemacht hatte, sein Wesen, seine Anschauungen, sein ganzes Sein, bäumte sich noch einmal auf. Ein Leben auf der Flucht war ein Leben, das mit vielen Einschränkungen und Sachzwängen einherging. Ein solches Leben hatte er jahrzehntelang gelebt. Und dennoch hatte er in all diesen Jahren sich immer das Gefühl bewahrt, sein eigener Herr zu sein, seine eigenen Entscheidungen zu treffen, in einem gewissen Rahmen sogar sein Leben selbst zu bestimmen.

Jetzt fühlte er sich fremd in seinem eigenen Körper. Sein Wille herrschte nicht länger allein - nein, er musste sich sogar einem fremden Verlangen unterordnen. Das, was die Kainiten "das Tier" nannten, setzte ihm immer mehr zu. Und obwohl sich sein Geist seiner Unterlegenheit bewusst war kämpfte er dagegen an. Es war, so sagte es ihm zumindest sein Verstand, überlebenswichtig - selbst für das Tier in ihm -, dass er sich nicht nur einen sicheren Ort in diesem tödlichen Labyrinth suchte, sondern auch seine Spuren verwischte.

Mit dem letzten bisschen an eigenem Willen zwang er seinen Körper den schmalen Weg hinauf. Wenn es ihm schon nicht möglich sein sollte das Seil zu erreichen und zu entfernen, so wollte zumindest dem Indiz seiner Anwesenheit so nahe wie möglich kommen. Falls er nach dem übertagen erwachen sollte, wären seine Chancen gut, das Seil noch vor dem nahenden Eindringling zu erreichen. So dachte er zumindest ...
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« Antworten #129 am: April 02, 2010, 23:36:09 »

Er taumelte vorwärts, seine Last bachte ihn immer öfter zum stolpern, doch er ging weiter. Vorbei an dem Ort seines Beinahe-Todes, vorbei an den Stellen, in denen er Verzweiflung gespürt hatte, noch vor nicht allzulanger Zeit. Wer wusste nicht, ob das seltsame Wesen, das dort oben irgendwo hauste, nocheinmal einen Angriff gegen ihn ausführen würde, und ob er die Kraft hatte dem zu enkommen.
Der Geruch des Toten Blutes verblasste, und mischte sich langsam mit dem von Jahrunderte altem Staub, der noch immer in der Luft hing. Im wurde schwarz vor Augen, doch taumelte er weiter.
Als ihm das Intesive gefühl von Staub und Tod das den Hals hinunterkriecht, beinahe einen menschlichen Refex des Hustens ausgelöst hatte, verlor er das Bewusstsein. Nicht, wie er einschlief als Mensch döse er dahin, sondern wie ein Schlag auf den Kopf war die Welt ausgelöscht.
Ihm war als wäre er gefallen, tief hinab.
Aber auch, als wäre er aufgefangen worden, als hätte ein sanfter aufstieg wie auf Händen getragen ihn fortgebracht aus der endlosen Schwärze der Höhle.

--- unbestimmte Zeit später ---

So plötzlich, wie das Vergessen - denn es war kein Schlaf gewesen - ihn ins Nichts geschickt hatte, so plötzlich kerte das Leben in ihn zurück.
Verschwommen nahm er wahr, daß er auf dem Rücken lag. Er spürte die Last des Staubes und der Asche nicht mehr, dennoch spürte er die Beutel an seinen Beinen. Er lag nicht auf Stein oder Erde, eher fühlte er sich getragen. Er merkte, daß er vorwärts getragen wurde, als würde eine Menschenmenge ihn über ihre Hände weiterreichen.
Das ganze ging sehr langsam vonstatten, doch nicht länger, als er brauchte, es zu begreifen.
Dann fiel er. Zuerst hingen seine Beine in der Luft, bis er über die Hüfte hinaus in die Leere gehalten wurde, bis er über seinen Eigenen schwerpunkt hinaus vornüber kippte.
Er fiel nicht tief, drehte sich jedoch halb in der Luft und landete auf dem Bauch. Knapp hatte er eine Pfütze verfehlt, in der völligen Dunkelheit hörte er sie nur neben sich, es tropfte beständig Wasser hinein.
Er wußte nicht, wo er sich befand. Den Sturz hatte er gut überstanden, es hatte ihm nicht einmal die Luft aus den Lungen getrieben. Und auch als die Lampe, die ihm den ganzen Weg lang treu gedient hatte, auf seinem Rücken landete und in die Pfütze sprang, daß das schwer riechende Wasser sein Gesicht benetzte, verspürte er eher einen Druck als einen Schmerz.
Zum Glück hatte sie nicht gebrannt.
Nun war er allein und orientierungslos.
Das einzige, was er mit Sicherheit wusste, war, daß der Eingang in Richtung bergauf lag.
Leise hörte er, zwischen dem allgegenwärtigen Tropfen hindurch,
Stimmen...

Barnutas
Rujanels Geschichte geht weiter In der Höhle des Opferlamms.
« Letzte Änderung: Mai 10, 2010, 14:16:19 von Wuschel » Gespeichert
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