Hmm, ich kann nicht anders, als die ganze Diskussion mit einem der Bücher zu vergleichen, über die ich gerade schreibe.
Eine Utopische Welt, Harmonie ist das oberste Ziel, Harmonie mit anderen Menschen und mit der Natur. Allerdings haben sie auch da Gesetze und Gerichte. Interessant daran finde ich, dass sämtliche Strafen auf einem sozialen Level passieren, sprich der Straftäter wird von sich aus nach Wiedergutmachung streben, da er sonst den sozialen (und realen) Tod stirbt, weil ihn niemand bei sich aufnimmt. Sie werden übrigens sichtbar tätowiert und müssen mit diesem Stigma weiterleben.
Es ist dabei völlig egal, welches Verbrechen begangen wurde, die Heilung des Straftäters, psychologisch und sozial steht dabei immer ganz oben, um eine Wiederholung zu verhindern. Die Menschen dort glauben übrigens nicht an Gefängnisse oder dass man andere einsperren und überwachen sollte. Verbannung ist mit die schlimmste Strafe, die sie da haben; andere Möglichkeiten zur Wiedergutmachung sind Arbeit in abgelegenen Gebieten oder gefährlichen Bereichen oder Teilnahme an gefährlichen Experimenten. Wenn die Wiedergutmachung abgeschlossen ist, spricht nie wieder jemand über die Straftat mit dem Täter; sie ist sowohl begleitend als auch der letzte Schritt des Heilungsprozesses.
Es gibt allerdings kein perfektes System und deswegen wäre einer der wenigen Kritikpunkte an dieser Gesellschaft der Umgang mit Wiederholungstätern. Ich übersetze mal ganz frei: "Wir sind nicht bereit mit Menschen zu leben, die sich für Gewalt entscheiden" Willentliche Gewaltanwendung gegen andere ist das schlimmste Verbrechen, Verbrecher aus Affekt können noch "geheilt" werden. Wenn aber jemand willentlich die Grenze überschreitet und trotz Tattoo und Wiedergutmachung sich erneut bewusst dafür entscheidet, jemand anderem Gewalt anzutun, wird er hingerichtet.
Dieses ganze System geht mir im Kopf herum während ich eure Diskussion mitverfolge und obwohl man mir jetzt Realitätsfremdheit vorwerfen könnte, komme ich nicht umhin darüber nachzudenken, wie effizient und effektiv ein solches System für uns hier und heute wäre.
[Edit: ich hätte vielleicht mal die Quelle angeben sollen, toller Literaturwissenschaftler bin ich...
Piercy, Marge,
Woman on the Edge of Time, 1976]