Anne Rice - Pandora
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Autor: Anne Rice
Seiten: 335
ISBN: 3-596-15338-7
Verlag: Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main
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Im Paris der Gegenwart begegnet David Talbot, der Chronist der Vampire, der schönen Pandora und bittet sie, die Geschichte
ihrer Jugend und ihrer Initiation in die Welt der Vampire niederzuschreiben. Und Pandora, die zweitausend Jahre alte
Vampirin, kehrt in die Erinnerung zurück nach Rom zur Zeit ihrer Kindheit.
Kaiser Augustus ist Herrscher über das blühende Weltreich, auf dem Gipfel seiner Macht. Pandora, Tochter einer
kultivierten Patrizierfamilie, genießt für ein Mädchen eine ungewöhnlich sorgfältige Erziehung und nimmt früh am
gesellschaftlichen und intellektuellen Leben teil. Mit der Inthronisation von Kaiser Tiberius beginnt jedoch eine
furchtbare Schreckensherrschaft. Pandoras Familie wird ausgelöscht, ihr aber gelingt die Flucht nach Antiochia. Dort
taucht sie in einen anderen, geheimen Kosmos ein: in das Schattenreich der Untoten. Für Pandora beginnt eine Reise durch
Zeit und Welt auf der Suche nach dem verloren geglaubten Liebhaber, dem Vampir Marius, den sie als junge Frau kennen und
lieben gelernt hatte.. .
Dieser recht neue Band aus den Vampirchroniken beschreibt das Leben der zweitausend Jahre alten Pandora, Marius
Gefährtin. Auch sie wird von dem jungen Vampir David Talbot (siehe ‚Nachtmahr’) dazu aufgefordert, ihre Geschichte zu
erzählen. In der Ich-Form berichtet sie von ihrer Zeit als römische Sterbliche, in der sie auch die erste Begegnung mit
dem – zu der Zeit ebenfalls noch sterblichen – Marius macht, der sie begehrt. Doch erst Jahre später wird ihre Liebe
erfüllt, als Pandora in Antiochia erneut auf Marius trifft und er sie notgedrungen zum Vampir macht. Dieses Buch ist eine
Reise zurück in die Zeit des römischen Imperiums, aus der Sicht einer starken, klugen und eigensinnigen Frau, die weder
sterblich noch unsterblich je den Mut verliert.
Es ist immer wieder faszinierend zu lesen, wie real Anne Rice die Gedanken ihrer Figuren wiedergibt und dabei jedes Mal
einen etwas anderen Schreibstil wählt. Hat sie bei ‚Armand der Vampir’ flüssig angefangen, so weicht Pandora doch zuerst
immer wieder den Erinnerungen an die Vergangenheit aus und schweift ab, bis sie endlich Sicherheit im schreiben gefunden
hat. Was zeigt, dass auch diese Vampirdame kein gefühlloses Monster ist, sondern ein tiefgründiger Charakter, der sofort
die Symphatie des Lesers erregt, wie alle von Anne Rice’ Figuren.
Wieder einmal gilt: Lesen, mitfühlen und staunen.
Leseprobe
Als die Herren gingen, sah ich Marius im Atrium stehen und bekam einen richtigen Eindruck von seiner Körpergröße, die
für einen Römer recht ungewöhnlich war; ich seufzte tief und brach in ein mädchenhaftes Kichern aus. Er blinzelte mir
mehrmals zu.
Marius trug sein Haar damals kurz, nach römischer Manier militärisch gestutzt, mit ein paar spärlichen Locken in der
Stirn; als man ihn zum Vampir machte, war es lang und so ist es auch heute wieder, doch damals hatte es den typisch
langweiligen römischen Militärschnitt. Immerhin war es blond und leuchtete im sonnendurchfluteten Atrium, und er schien
mir der strahlendste und beeindruckendste Mann zu sein, der mir je unter die Augen gekommen war. Er sah mich freundlich
an.
"Warum bist du so groß?", fragte ich ihn. Mein Vater fand es natürlich witzig, und es war ihm gleichgültig, was die
anderen über seinen kleinen Schmutzfink dachten, der an seinem Arm hing und mit der ehrenwerten Gesellschaft plapperte.
"Mein Schatz", sagte Marius, "ich bin so groß, weil ich ein Barbar bin!" Mit seinem Lachen, das eigentlich ein Flirten
war, erwies er mir als einer kleinen Dame seine Reverenz, was mir recht selten passierte. Plötzlich krümmte er seine
Finger zu Klauen und stürmte auf mich zu wie ein Bär.
Auf der Stelle verliebte ich mich in ihn!
"Nein, ehrlich!", sagte ich. "Du bist doch kein Barbar! Ich kenne deinen Vater und deine Schwestern, sie wohnen da unten
am Hügel. Die ganze Familie redet bei Tisch immer über dich, natürlich nur Gutes."
"Da bin ich mir sicher", antwortete er und brach in Lachen aus. Mir war bewusst, dass mein Vater nervös wurde. Was ich
nicht wusste, war, dass ein zehnjähriges Mädchen versprochen werden konnte.
Rezension erstellt von Elayne