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Titel: Toter Buchstabe - Linda Le
Beitrag von: Silent am Januar 16, 2008, 20:30:15

Linda Lê– Toter Buchstabe

Autor: Linda Lê
Verlag: Ammann
Seiten: 94
ISBN: 3-250-60072-5
Erstveröffentlichung: 2005
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"Du hast einmal zu mir gesagt, ich sei aus einem Schweigen zuviel geboren. Nun sterbe ich an einem ungesagten Wort."

Seit sie Vietnam verlassen hat, hat sie ihn nicht mehr gesehen. Der einzige Kontakt bestand aus Briefen, die über die Meere zu ihr kamen und sie immer dringlicher baten, ihm einen Wunsch zu erfüllen: Komm zu mir! Doch sie hat ihm diesen Wunsch nicht erfüllt, wollte es nicht und nun schwebt er über ihr, ist bei ihr, lässt sie nicht mehr los – der Geist ihres toten Vaters.

Doch noch ein weiterer Mann lässt ihr Leben nicht los: Morgue, ihr Geliebter, der sie schon lange nicht mehr liebt, ihr nichts mehr geben kann und trotzdem kann sie ihn nicht gehen lassen. Versenkt sich immer tiefer in den Schmerz, den ihr die Liebe und der Tod bringt...

Aus dieser Situation heraus beginnt Linda Lê´s Buch "Toter Buchstabe". Um all dem Leid etwas entgegenzusetzen, schreibt die junge Frau alles auf, ein innerer Monolog über die Themen die sie nicht los lassen, über die Männer die ihr Leben bestimmen.

Mit wunderschönen Worten spinnt sie ihr Netz, springt in der Zeit, von der Gegenwart in die Vergangenheit, nur um gleich darauf einen zaghaften Blick in die Zukunft zu werfen. Man hat das Gefühl, dass dies nicht nur eine Geschichte ist, sondern auch etwas, dass Linda Lê selbst erlebt hat, so intensiv beschreibt sie den Schmerz, den Verlust, das Gefühl in sich gefangen zu sein.

Eins der beeindruckendsten Bücher der letzten Zeit für mich. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, trotzdem, dass es zeitweise schwierig zu lesen war. Etwas für Leser die Poesie mögen, Metapher und vielleicht auch eine tiefere Wahrheit die zwischen den Zeilen liegt. Für Freunde von Khalil Gibran und Paulo Coelho der reinste Lesegenuss!

Leseprobe:

Er ist da, sage ich zu Sirius, wenn ich mit dir spreche, wenn ich esse, wenn ich schlafe, wenn ich spazierengehe. Mir scheint, ich bin tot, während mein Vater, dieser Tote, der mir keine Ruhe lässt, vor Leben sprüht. Ich bin von ihm besessen, er saugt mir das Blut aus, nagt an meinem Gebein, nährt sich von meinen Gedanken. Immer wieder lese ich seine Briefe und sehe mich in meinem Vaterhaus, ich wohne nun dort, ich bin nicht mehr hier, ich bin ein Greis, der Tausende Kilometer von hier entfernt traurig seinen Tee trinkt und auf den Besuch seiner Tochter wartet, ich bin ein müder Mann, den nichts mehr ermuntert, ich bin ein einsamer Mann, der an die Abwesende denkt, ich bin ein Todgeweihter, der Briefe schreibt, als ob er blaue Tinte ausblute.



Rezension erstellt von Istawen