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Autor Thema: [Background] Wege zur Erkenntnis, Wege zur Erlösung  (Gelesen 81057 mal)
Beschreibung: Remy le Duc: Charakterbogen, Präludium und Tagebuch
Aphiel
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Stier


« Antworten #60 am: Januar 11, 2009, 20:13:10 »

Natürlich erschrak Remy im ersten Augenblick, als er angesprochen wurde, doch zum Glück war es Guillaume, der ihm da über den Weg lief. Eimer? wunderte sich der junge Franzose, aber da hatte er schon die Erklärung erhalten. Aha, ein richtiges Bad also... Mit einem Nicken und einigen zustimmenden Worten half Remy seinem Mentor. Es würde eine wohltuende Abwechslung sein, nach der langen Reise zu baden, zumal sie doch ihre Körperpflege nurmehr den Umständen entsprechend betreiben konnten.

Als er dann, frisch gebadet und mit angemessen geschorenem Haupt, im Garten umherging, spürte Remy tatsächlich eine gewisse Behaglichkeit in sich aufsteigen. Es war nicht nur das Wetter und der warme Sonnenschein, die ihn hier so umfingen, es war auch das ganze Drumherum. Er fühlte sich wohl, weil er sich nun wieder als Teil der Gemeinschaft betrachtete. Er hatte eine Aufgabe erhalten, hatte einen Platz im Gefüge, und war doch für sich allein. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass er sich nun nicht länger als Gast und damit als etwas Besonderes vorkam. Man mochte es fast Geborgenheit nennen, diese Wärme, die sich in seinem Inneren ausbreitete. Es war der friedliche Einklang zwischen der Welt in seinem Inneren und der Welt um ihn herum. Ja, dies war das Gefühl, für das er am Vormittag noch gebetet hatte, das stumme aber versichernde Wissen einen Platz in Gottes großer Welt zu haben.

Remy verbrachte fast den ganzen restlichen Tag im Garten. Natürlich kümmerte er sich dabei sowohl um die verschiedenen Kräuter des Gartens, als auch um seine Gedanken. Es war fast so, als würde die Tätigkeit seiner Hände die Arbeit seines Kopfes widerspiegeln. So wie er die vielseitige Verschiedenheit und dennoch strenge Ordnung der Kräuter bewunderte, so wurde er auch seiner eigenen Gedanken gewahr und stellte fest, dass er auch sie der Ordnung bedurften; und dass er sie ordnen konnte. Und so, wie er das wenige Unkraut aus den Beeten entfernte, so löste er auch die hartnäckigeren, aber nutzlosen Gedanken, die in seinem Kopf lauerten und sortierte sie aus.

Erst als die Glocke zur Abendandacht rief, löste er sich von den Beeten. Er hatte die Zeit wohl genutzt, das verriet nicht nur das kleine Häufchen an Gräsern und Unkraut, welche er zwischen den Pflanzen gezupft hatte, sondern auch seine Körperhaltung. Die Angst und die Befürchtungen, die ihn seit den Enthüllungen des letzten Abends und seit der Morgenmesse befallen hatte, schienen nun fort zu sein. Der junge Mönch hatte erkannt, dass er zwar vorsichtig sein musste, dass er aber möglichen Gefahren mit einem kühlen Kopf und klaren Gedanken weitaus besser entgegenzutreten vermochte. Unbegründete Ängste und Befürchtungen ohne jegliche Beweise waren eher hinderlich als förderlich, und er wollte sich nicht davon zurückhalten lassen. Er würde seinen Blick und seinen Geist offen halten und sein Tun nicht länger von seinen Befürchtungen bestimmen lassen. Wenn die Zeit kommen würde, wollte er bestimmt, entschlossen und vom Glauben geleitet handeln, das hatte er sich fest vorgenommen.

So ging er dann, demütig, aber dennoch nicht hängenden Hauptes zur Abendandacht.
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Remy le Duc (Vampir)
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« Antworten #61 am: Januar 18, 2009, 15:09:56 »

Gerade als er die Kirche inmitten der anderen Mönche betreten wollte, wurde er beiseite in eine dunkle Niesche gezogen. Eine kräftige Hand packte ihn am Oberarm. Als Remy mit dem Blick den Arm hinaufwanderte, erfaste ihn unwillkürlich ein sehr ungutes Gefühl. Ohne, daß er es verhindern konnte, bildete sich sofort eine Gänsehaut auf seinem Gesamten Körper aus.
Er wußte, was ihm da gegenüberstand. Allein die Farben des Ärmels verrieten es ihm. Er war, aus der nähe betrachtet gelb, mit Goldfaden bestickt. Dies verlieh dem nach adeligem Stil genähten Puffärmel. das aussehen einer Rüstung. Über die Schulter fiel der Wappenrock des Ritters purpurot bis zu den Knien und Kniekehlen herab. Das ernste, von Mühsal und Kampf gezeichnete Gesicht blickte Remy direkt an. Sein Gegenüber war glatt rasiert und seine kalten Kohlen von Augen blieben ausdruckslos, als er seinen Griff lockerte und losließ.

"Seid ihr Remy le Duc? Verzeiht aber ich muß euch bitten, mir zu folgen." Ohne eine Antwort abzuwarten drehte sich der Hüne um, und lief los.
In Richtung des Hauptgebäudes lief er offen, als würde er spazieren gehen, über den Platz. Nicht das leiseste Rucken seines blonden Schopfes verriet, ob er auch nur darauf achtete daß Remy ihm folgte.
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Aphiel
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Stier


« Antworten #62 am: Januar 18, 2009, 15:28:22 »

Ein Ritter in Purpur und Gold!

Die Gänsehaut, die sich über Remys Körper bewegte, war überdeutlich und seine Sinne waren sofort in höchster Alarmbereitschaft. Und da waren sie wieder, seine Gedanken vom Vormittag, doch ohne die Furcht, die sie da noch begleitet hatte.

"Aber die Andacht..." protestierte Remy noch schwach, als der andere sich schon abwandte. Hastig wirbelte Remy herum, packte den nächstbesten Mönch und sprach ihn seinerseits eindringlich an: "Bitte richte Bruder Guillaume von Fleury unverzüglich aus, dass ich die Abendandacht versäumen werde, weil dieser Mann mich weggerufen hat." Darauf vertrauend, dass der Angesprochene auf Nachfrage auch seine persönlichen Beobachtungen über das Aussehen des Ritters preisgeben würde, drehte sich Remy abermals um und folgte dem Hünen zügigen Schritts, bis er ihn eingeholt hatte.

Im Gehen fragte der junge Mönch sich abermals still, in welche Intrige er hier geraten sein mochte. Aber er begegnete dieser neuen Situation ohne Furcht, sondern mit klarem Geist und im stillen Vertrauen darauf, dass er sicher war, da er sich nichts hatte zu Schulden kommen lassen. Was auch immer ihm bevorstand, er würde wenig sagen, aber sich bemühen, alles zu hören und zu sehen. Wissen war ein Vorsprung, den er einzuholen gedachte.

So ging er dem Ritter hinterher, wohin auch immer ihn dieser führen mochte. Auch wenn er demütig erscheinen mochte, da er tat, wie ihm geheißen wurde, so war er doch zuversichtlich im Geiste, und nur wer ihn gut kannte, würde es daran erkennen, dass das Selbstbewusstsein ihn dazu verleitete, seinen Kopf nicht ganz so weit zu senken, wie es es sonst tat.
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« Letzte Änderung: Januar 18, 2009, 15:30:57 von Aphiel » Gespeichert

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Remy le Duc (Vampir)
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« Antworten #63 am: Januar 23, 2009, 19:31:51 »

Mit einem leichten Schrecken registrierte Remy bald, wo er hingeführt wurde: In seine Zelle.
Alle Mönche waren bei der Andacht, und es war schon ein wenig gespenstisch den hallenenden Schritten durch das Klostergebäude zu folgen. Als sie sich seiner Unterkunft näherten, sah er durch die offenstehende Tür, daß zwei weitere Ritter in Purpur und Gold anwesend waren.
Beide waren seinem Begleiter in Uniform gleich gekleidet und gleich frisiert. Lediglich die Gesichtszüge wichen, ob der verschiedenen ethnischen Herkunft, von einander ab. Der kleinere schien Südländer zu sein, etwa aus Spanien, der größere war mitteleuropäer, vielleicht sogar Franzose.

Sein Begleiter blieb an der Tür stehen, und wies ihn an herheinzustreten. Gleizeitig fing der vermutete Franzose näselnd an zu sprechen. Den Klang der geliebten Muttersprache zu hören, flößte Remy sowohl Angst als auch Vertrauen ein.

"Bienvenue, Remy le Duc. Setzt euch doch erst einmal, ich will muß euch ein paar Fragen stellen..." Der mittelblonde Mann wies auf den Stuhl, der, sobald er eingetreten war von den Uniformierten umringt sein würde.
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« Antworten #64 am: Januar 23, 2009, 22:06:37 »

"Bon soir" antwortete Remy ganz automatisch, als er die vertraute Muttersprache vernahm. In Anbetracht der Tageszeit schien ihm der Gruß auch angemessen zu sein. Sein Blick huschte beim Eintreten umher, um sowohl die beiden Männer, als auch seine Zelle in Augenschein zu nehmen. Dabei galten seine Gedanken zunächst seiner Umhängetasche, die all seine privaten Besitztümer enthielt, mit Ausnahme seines Tagebuchs, das er vorsichtshalber unter seiner Schlafstatt verborgen hatte. Und doch war dieses kleine Büchlein so wichtig und gleichermassen so gefährlich für ihn.

Nur scheinbar zögernd trat der junge Franzose näher an den angebotenen Platz heran, vielmehr nutzte er diese knappe Zeitspanne, um die beiden Ritter genauer zu betrachten. Die Farben waren immer dieselben, und gesehen hatte er diese Kombination aus Gold und Purpur zuerst... an der Kutsche!

Natürlich! kam ihm der Gedanke, der ihm seine Fassung endgültig zurückgab. Diese Männer werden gewiss den Vorfall untersuchen und nun genau erfragen wollen, wie sich alles zugetragen hatte. Letztendlich war es ihre Kutsche. Ob sie wohl von der besonderen Natur ihres Boten wussten? Würden sie einen Gefallenen oder einen Berührten für sich arbeiten lassen? Oder arbeiteten sie vielleicht sogar für ihn?

Während Remy noch Platz nahm, besann er sich wieder auf seinen Plan, den er auf dem Weg hierher gefasst hatte: höre viel und sage wenig. Darum war sein erster Satz die schlicht formulierte und unterwürfig vorgetragene Frage: "Darf ich fragen, wer ihr seid?"
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« Antworten #65 am: Januar 25, 2009, 18:54:54 »

"Verzeit." Der Franzose machte eine leichte Verbeugung.
Nein, es sah alles noch genauso aus, wie er es verlassen hatte. Haargenau.
"Dies," er wies auf den nebenstehenden, "ist Xavier y Aragon, Inquisitor der Heiligen Mutter Kirche."
Sie hatten anscheinend wirklich nur den Stuhl umgestellt.
"Ich bin Francois de la Champagne, Großinquisitor von Osteuropa."
Er wie wiedreum auf den Stuhl und trat Syncron mit y Aragon neben die karge Sitzgelegenheit.
Hinter Remy schloß sich die Zellentür. Es wurde noch beengter um ihn, Während der dritte Mann eine militärische Position im Ausgang einnahm.
« Letzte Änderung: Juni 19, 2009, 19:07:49 von Wuschel » Gespeichert
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« Antworten #66 am: Januar 26, 2009, 00:57:37 »

Remy nickte dem Spanier unterwürfig und ergeben zu, als er erfuhr, um wen es sich bei ihm handelte. Der Titel des Franzosen hingegen liess ihn sofort demütig den Blick senken. Hatte er bis eben noch leichtfertig angenommen, dies wären lediglich Ritter in einem besonderen Auftrag, so wurde ihm in diesem Augenblick die Tragweite der Situation bewusst. Diese Männer waren Gesandte der Kirche selbst, das musste bedeuten, dass sie dem Heiligen Vater in Rom unterstanden, aber doch anders als er selbst.

Die Art und Weise, wie sie sich nun neben ihm aufstellten, wirkte einschüchternd, und sofort wurde Remy vorsichtiger. Er gab sich redliche Mühe, die im Laufe des Nachmittags wiedergewonnene Ruhe und Klarheit nicht zu verlieren, doch es war gewiss nicht leicht. Nur ein einzelner, aus Aufmerksamkeit geborener Gedanke, vermochte sich in dieser Situation noch Gehör in seinem Kopf zu verschaffen: Auch dieser nannte mich bei meinem vollen Namen und nicht bei meinem Ordensnamen.

Als ordinierter Mönch hatte Remy mit dem Eid sein weltliches Leben und damit auch seinen Familiennamen hinter sich gelassen. Wie jeder andere Mönch war er seither nur mit seinem Ordensnamen, bestehend aus Anrede, seinem Vornamen und seinem Heimatkloster angesprochen worden. Einen Remy le Duc gab es so nicht mehr, er war zu Frère Remy de Saint-Benoît-sur-Loire geworden. Natürlich benutzten er, Guillaume und die anderen Brüder stattdessen den älteren, doch weitaus kürzeren Namen des Klosters, Fleury. Ja, selbst in der Ordenshochburg von Cluny vermochte sich der neue Ortsname noch nicht so recht durchzusetzen. Dennoch hatte der Großinquisitor ihn mit seinem Familiennamen angesprochen, wo es ein einfaches Bruder Remy auch getan hätte. Das geschah heute nicht zum ersten Mal. Der Hühne vorhin hatte es ebenfalls getan, aber wahrscheinlich hatte man ihm lediglich einen Namen gesagt. Der Bischof in der Messe heute morgen hingegen... er hätte es wahrlich besser wissen müssen, so wie auch die Herren Inquisitoren.

Was hat das nur zu bedeuten? überlegte der junge Franzose angestrengt und beschloss, die beiden Besucher dahingehend zu testen. Ohne den Blick zu erheben antwortete er mit verhaltener Stimme: "Bitte vergebt mir meine unangebrachte Neugier. Hätte ich gewusst, dass mich so hoher Besuch beehren würde, dann hätte ich mich gezügelt. Wie kann ein einfacher Bruder dem Heiligen Stuhl zu Diensten sein?"
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« Letzte Änderung: Januar 26, 2009, 01:01:17 von Aphiel » Gespeichert

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« Antworten #67 am: Januar 26, 2009, 18:26:10 »

"Ruhig Blut mein Bruder, setzt euch bitte. Ihr steht nicht unter Anklage. Ihr habt eine Große Heldentat vollbracht.
Wir schulden euch Resekt."
Die Männer senken ebenfalls leicht die Köpfe, was einem kleinen Ordensmitglied wie ihm normalerweise keinesfalls zugestanden hätte.
"Ihr wisst, worum es geht. Bruder Jonathan berichtete uns bereits, was ihr erzähltet, und genau deshalb müssen wir es ganz genau wissen.

Was geschah an jenem Tag?
Wie habt ihr es geschafft aus einer Kutsche der Inquisition eine Reliquie zu entwenden?
Und wo ist der Verräter, der sie aus Rom stahl?"

Mit den Fragen verschärfte sich der Ton den Großinquisitors.
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« Antworten #68 am: Januar 26, 2009, 22:04:45 »

Remys Augen weiteten sich vor Überraschung und er drohte die Kontrolle über seine Kinnlade zu verlieren, als er die Worte hörte und mitansehen durfte, wie nun die beiden Inquisitoren ihm seinen Respekt zollten. Fast wäre er wieder aufgestanden, um sich seinerseits zu verbeugen, als Zeichen dafür, dass er noch immer wusste, wo sein Platz in der Hierarchie war.

Doch der Moment verging so schnell wie er gekommen war, und auch die beiden Männer schienen wie ausgewechselt, denn nun begannen sie mit ihrer Arbeit. Sowohl ihre Formulierung als auch der Tonfall mit dem die folgenden Fragen gestellt wurden zeigten Remy, dass diese Männer ihr Handwerk verstanden. In gewisser Weise bewunderte er sie sogar dafür, zumindest auf der bewussten Ebene eines Menschen, der täglich mit Sprachen und ihrer Anwendung zu tun hatte. Auf einer menschlichen Ebene missfiel ihm selbstverständlich der Tonfall, und auch die Unterstellung, etwas entwendet zu haben, doch das wollte sich der junge Franzose keinesfalls anmerken lassen. Denn darüber hinaus erhielt er vom Großinquisitor durch die Fragestellung auch Informationen, welche widerum seinen eigenen Wissensschatz bereicherten. Die Reliqiue war also doch gestohlen! Und offenbar von einem Verräter. Wenn dies diesselbe Person ist, die in der Kutsche war, wirft das ein ganz neues Licht auf den berührten Sünder. Aber... stimmt das auch so? Ich habe keinerlei Grund, an diesem Mann zu zweifeln, doch auch keinen, an seinen Worten blind zu trauen...

Remy wollte gern, doch konnte er es sich nicht erlauben, hier und jetzt über diese Dinge nachzudenken, denn zwei sehr ungeduldige Herren warteten auf Antworten. Nun, die wollte er ihnen keinesfalls schuldig bleiben.

"Nun, ich weiss nicht genau, was Bruder Jonathan euch berichtet hat, aber ich werde euch gern erzählen, was mir und Bruder Guillaume an diesem Tag widerfuhr:

Es war einer der ersten Tage des März, der Vierte, glaube ich, weil wir erst am Sonntag zuvor die Messe ... aber das führt hier gewiss zu weit."

Remy räusperte sich kurz, während er seine Gedanken ordnete und fuhr dann fort. "Wir befanden uns also auf dem Weg nach Osten. Ein ortsansässiger Bauer, Franz war der Name, hatte uns freundlicherweise einen Platz auf seinem Ochsenkarren angeboten. Wir durchquerten gerade ein Waldstück, als uns die besagte Kutsche mit hoher Geschwindigkeit überholte. Doch sie kam ein Stück weit vor uns vom Weg ab und dabei stürzte sie um. Ich lief los und sah nach dem Kutscher, der vom Bock geschleudert worden war, und fand ihn auf ein nahes Geäst gespiesst, ein Stück vom Unglücksort entfernt. Das Leben war da schon fast vollständig aus ihm gewichen. Bruder Guillaume kümmerte sich unterdessen um die Kutsche, doch schrie er plötzlich laut auf. Ich lief sofort zu ihm, und als ich bei ihm ankam, erkannte ich, dass er das Fenster der Kutsche eingeschlagen hatte, jedoch in Ohnmacht zu fallen drohte. Ich fing ihn auf und brachte ihn mit Hilfe des Bauern von der Kutsche fort. Dann kehrte ich zurück, um in die Kutsche hineinzusehen. Sie war menschenleer, niemand befand sich im Inneren. Ich kletterte hinein, um nach der Reliquie zu suchen. Nachdem ich das Kästchen gefunden hatte, brachte ich es zu Bruder Guillaume auf den Ochsenkarren und wir verließen den Unglücksort, so schnell wir konnten."

Remy überlegte noch während des Berichts, ob er gewisse Details erwähnen sollte, wie die beissende Aschenwolke, die Guillaumes Ohnmacht verursacht hatte, oder das Gefühl von göttlicher Präsenz und göttlichem Zorn auf den Passagier. Aber wie sollte er das tun, ohne dabei sich selbst und seine Begegnung mit der Himmelsbotin zu enthüllen? Dann fiel ihm auf, dass gar er nicht berichtet hatte, woher er überhaupt von der Reliquie wusste. Ob der Großinquisitor ihn noch danach fragen würde? Bestimmt würde der Mann noch weitere Fragen für ihn haben.
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« Letzte Änderung: Januar 26, 2009, 22:08:06 von Aphiel » Gespeichert

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« Antworten #69 am: Januar 27, 2009, 16:58:11 »

Als Remy geendet hatte, blickte de la Champangne zu seinem dunkelhaarigen Begleiter herüber. Der schüttelte unmerklich den Kopf. Die Minen verfinsterten sich.
"In Ordnung, Bruder Remy," wurde er wieder angesprochen, "diese Geschichte habt ihr ech gut zurecht gelegt. Behaltet sie auch um Gottes Willen bei, wenn ihr noch einmal darüber befragt werdet..."
Sein Verhörer beugte sich zu ihm vor.
"Die Kutsche war nicht leer, das wissen wir.
Ist der Insasse entkommen?
Halft ihr ihm sogar?
Ich rate euch, die Wahrheit zu sagen, mein Bruder. Nichts wird diesen Raum verlassen, was ihr erzählt. Ich werde euch erst die Gelegenhait geben Euch zu erklären, bevor ich urteile.

Verspielt nicht euer leben für etwas, das ihr noch nicht einmal begreift."
Remy fühlte sich zu recht bedroht. Dieser Unterton verhieß nichts Gutes. Er würde sich um Kopf und Kragen reden müssen.
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« Antworten #70 am: Januar 27, 2009, 17:39:47 »

Remy wurde bleich ob dieser Drohung; er fühlte förmlich, wie das Blut aus seinem Gesicht zu weichen und sich stattdessen in einem kleinen, aber unangenehmen Klumpen in seiner Körpermitte zu sammeln schien. Dies war wohl das schlechte Gewissen darüber, dass er nicht sofort alles gesagt hatte. Aber wie viel wusste der Grossinquisitor wirklich? Remy fing an zu reden, als hinge sein Leben davon ab. Und der Drohung nach tat es das auch.

"Monsieur, ich versichere Euch, dass dies alles genau so geschehen ist, wie ich sagte! Ich verstehe noch nicht einmal, worum es hier geht! Warum bezweifelt ihr meine Worte? Es war genau so, wie ich sagte: die Kutsche verunglückte und wir versuchten zu helfen, doch es war zu spät dazu! Der Kutscher starb direkt vor meinen Augen, und nur aufgrund seiner letzten Worte kletterte ich in die Kutsche, um dort nach der Reliquie zu suchen! Ich schwöre bei meinem Glauben, er war es, der sagte, es gäbe eine Reliquie und dass Krakau ihr Ziel sei! Ich hielt es einfach für meine Pflicht, die Reliquie zu suchen und sie selbst hierher mitzunehmen, da Guillaume aufgrund der Aschenwolke ohnmächtig war! Ich wusste nicht, was ich da barg! Ich erfuhr erst hier, was in dem Kästchen war. Ich hatte keine Ahnung, dass es gestohlen wurde."

Remy hatte immer schneller und schneller gesprochen, dabei hatte er seine langen dünnen Finger ineinander gefaltet. War diese Geste zunächst zu seiner Beruhigung gedacht, so zeigte das beständige Kneten der Hände nun nur seine innere Aufregung. Seine Stimme zitterte nun leicht, aber er sprach nun etwas langsamer weiter.

"Ich hielt es für einen Fingerzeig des Himmels, dass die Reliquie denselben Zielort hatte wie Bruder Guillaume und ich. Ich wollte mir nicht anmassen, den Plan des Allmächtigen zu kennen, ich wollte ihm lediglich dienen, soweit ich ihn verstehen konnte. Für mich schien es alles einen Sinn zu ergeben zu der Zeit."

Und so war sie dahin, die sorgsam gesammelte Ruhe des Tages, ersetzt durch die Angst und die Panik, die die Worte des Großinquisitors in Remy ausgelöst hatten. Ebenso dahin war der Plan, viel zu hören und wenig zu sagen. Spätestens jetzt hatte der junge Übersetzer mehr Informationen preisgegeben, als er ursprünglich wollte. Er musste glauben, dass es um sein Leben ging, und da bestimmte die einfache Überlebensangst über seine Worte.

"Bitte, Monsieur, Ihr müsst mir glauben, wenn ich euch sage, dass in der Kutsche niemand war. Guillaume hatte das Fenster eingeschlagen, um möglichen Passagieren zu helfen, doch da war niemand. Ich war doch in der Kutsche, um das Kästchen zu suchen, aber ausser ihm und einem Haufen Asche fand ich darin nichts! Wenn ihr nach einem Insassen sucht, hat er die Kutsche vielleicht schon vorher verlassen? Ich kann nur beschwören, bei allem, was heilig ist, dass niemand darin war!"

Als seine Angst nun ihren Höhepunkt erreicht hatte und der Großinquisitor ihn immer noch mit unnachgiebigem Blick anstarrte, brach Remy innerlich endgültig zusammen. Er zog die gefalteten Hände an die Brust und betete. Und ganz tief drinnen wünschte er sich fast, dass die Himmelsbotin kommen möge. Denn wenn sie ihn verliess, würde er wenigstens nicht mehr reden müssen.
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Remy le Duc (Vampir)
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« Antworten #71 am: Januar 27, 2009, 18:28:09 »

"Asche?"
Angesichts der furchtaberen Angst, die in Remy brodelte, legte sein Richter nur den Kopf schief und schien nachzudenken. Völlig selbstverständlich nahm er hin, daß seine Methoden erfolg zeigten, als würde er die jeden Tag tun.
Erschaudern.
Er zog sich zurück und machte angesichts der Enge ein paar Schritte auf der Stelle.
"Jetzt wird mir einiges klar..."
"Mon Dieu, Frère Remy, ist euch gewahr, was ihr dort vernichtet habt!? Ihr stellet ein uraltes Wesen, vom Teufel gesandt! Eine Camilla, einen Vampyr! Ihr besiegtet ihn durch das Licht des Tages! So muß es gewesen sein."
Die anderen Männer nickten nur zustimmend, ohne irgendeine form von ungläubigkeit erkennen zu lassen.
"Ich beschwöre euch, Remy, schwört mir bei eurer Seele niemandem von der Sache zu erzählen. Wir sind hier um die Gegend von Subjekten wie diesen zu säubern. Ihr würdet doch nicht eine Mission des Heiligen Stuhls gefährden?" mit diesen Worten trat er wieder an Remy heran und Griff ihn bei den Schultern.
Anscheinend hatte nicht nur Remy für einem Moment die Fassung verloren.
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« Antworten #72 am: Januar 27, 2009, 20:03:23 »

Bei der Berührung hob Remy den Kopf und sah den anderen erschrocken und eingeschüchtert über die gefalteten Hände hinweg an. "Monsieur, Ihr könnt euch sicher sein, dass ich niemandem etwas sagen werde. Mir würde ja doch niemand glauben." Remy flüsterte die Worte, gerade laut genug, dass der Mann sie hören konnte.

Die Veränderung im Verhalten von de la Champagne kam zu plötzlich und ja, scheinbar wusste der Mann ganz genau, wovon er da sprach. Das, was Guillaume zuerst einen Dämon genannt hatte, und was Remy dank Jonathan inzwischen als einen Berührten zu bezeichnen wusste, war also auch dem Großinquisitor bekannt. Die Worte, die er dafür gebrauchte, Camilla und Vampyr, brannten sich sofort in Remys Kopf. Er würde nachforschen, sobald er die Gelegenheit dazu hatte.

"Aber," begann er dann leise, "Ihr müßt mir glauben. Ich habe mit meiner Tat nie dem Heiligen Vater und seinen Gesandten schaden wollen. Ich tat nur, was ich für das Richtige hielt. Ich brachte die Reliquie hierher, wie der Kutscher es beschrieben hatte. Ich wusste doch nicht, dass er gar nicht für die Inquisition arbeitete. Ich hatte keine Ahnung, dass die Reliquie gestohlen worden war. Bitte..." und ab hier begann Remy wieder zu flüstern, während er den Blick senkte "ich will nur noch dafür beten, dass meine Seele durch meine Taten, die ich aus Unwissenheit beging, keinen Schaden nahm. Bitte, berichtet dem Heiligen Vater nicht von meinem Fehler."

Danach schwieg er, mit geschlossenen Augen, die gefalteten Hände zitternd an die Lippen gepresst, als würde er von Angst gepackt beten. Diese Zurschaustellung von Unterwürfigkeit war nur zum Teil gespielt. Remy kannte seinen Platz in der kirchlichen Ordnung, er wusste genau, dass diese Männer nicht über jedes kleine Verhör in Rom Bericht erstatten würden. Dennoch erschien es ihm in diesem Augenblick klüger, diesen einflussreichen und mächtigen Männern, die da vor ihm standen, zu verdeutlichen, dass in der Tat sie hier die Kontrolle hatten. Indem er ihnen gab, was sie erwarteten, hoffte er, dass sie schneller von ihm ablassen würden, nun da sie gehört hatten, was sie hatten hören wollen.
Echt hingegen war Remys Befürchtung, dass er aus Unwissenheit einen Fehler begangen haben könnte, dessen Tragweite er nicht abzuschätzen vermochte, ja, der möglichweise einer Sünde gleichkam, mit der er seine Seele belastete. Hatte er etwa einem reuigen Sünder die wahre Buße vereitelt, oder gar einem Gefallenen in die Hände gearbeitet? Ihm fehlten einfach die Informationen, um das zu erkennen.

Abraham durchfuhr ihn da plötzlich die Überlegung des gestrigen Tages und ihm eröffnete sich eine Erkenntnis, eine gedankliche Parallele, vielleicht sogar jene, auf die Jonathan ihn hatte hinführen wollen. Wenn der Engel nicht seine Hand gehalten hätte ... er wäre von den Menschen verurteilt und missverstanden worden, obgleich er nur den Willen Gottes ausführte. Der Passagier war wie Abraham, und diese Inquisitoren verfolgten ihn, ohne die Umstände seiner Taten zu kennen.

Er erinnerte sich, wie Jonathan sagte, dass einfache Menschen alles dämonisierten, was sie nicht verstanden. Aber diesen Fehler würde Remy nicht machen, denn er hatte erkannt, dass das Wissen um die Umstände einer Tat entscheidend sein konnte. Wer hier tatsächlich im Recht war, der eifrige Herr Großinquisitor oder der Passagier mit der angeblich gestohlenen Reliquie, darüber vermochte er, Remy, ohne weiteres Wissen und ohne Hilfe nicht zu entscheiden.

Alles andere betreffend... der Großinquisitor hatte also verlangt, dass er nicht über seine Erlebnisse im Wald zu anderen sprechen sollte? Nun, das würde Remy sicher keine Mühe bereiten. Immerhin hatte er ja auch eine einfachere Version der Geschichte zu bieten, die auch de la Champagne schon vernommen und für angemessen befunden hatte.
Aber auch über die darin nicht erwähnten Details würde Remy mit niemandem sprechen. Zumindest mit niemandem, der nicht bereits davon wusste, oder selbst dabei gewesen war, was natürlich bedeutete, dass er sich noch immer mit Guillaume und Jonathan beraten würde, sobald er konnte. Ihnen vertraute er, und sie würden ihm auch sagen können, ob er durch seine Tat tatsächlich seine unsterbliche Seele befleckt hatte.

Den Herren Inquisitoren jedenfalls hatte er nichts weiter zu sagen. Entweder glaubten sie ihm und ließen von ihm ab, oder er würde die Konsequenzen zu spüren bekommen. Wie auch immer, dies lag nun nicht mehr in seiner Hand.
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« Letzte Änderung: Januar 27, 2009, 20:35:25 von Aphiel » Gespeichert

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« Antworten #73 am: Februar 01, 2009, 16:01:33 »

"So, wie ihr berichtet, werde ich keine Schande über euch verbreiten, im Gegenteil. Lasst Euch sagen: Ihr seid ein ehrwürdiger Mönch. Erweitert Euren Horizont ein wenig, dann könnt ihr es weit bringen."
Der Soldat, der ihm nicht vorgestellt worden war, öffnete die Zellentür. Die beengte Athmosphäre löste sich sofort in der riesigen Burganlage auf.
 "Der Herr sei mit Euch,"  sagte de la Champanie einfach nur, als er den Raum mit wehenden Roben verließ. Die Anderen folgten ihm, ohne Remy noch einmal anzusehen. Der letzte schloß die Tür mit militärischem Eifer.

Da saß er nun wieder allein.
Und er war sicher, daß er nun sehrwohl noch etwas zu befürchten hatte, entgegen den Worten des Großinquisitors.
« Letzte Änderung: Februar 11, 2009, 00:42:58 von Wuschel » Gespeichert
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« Antworten #74 am: Februar 07, 2009, 15:48:06 »

Er blieb noch eine kurze Weile dort sitzen, um sicher zu gehen, dass die Inquisitoren fort waren. Dann stand er auf und verließ seine Zelle, um sich zum Rest der Brüder zu begeben. Vielleicht würde er das Ende der Abendandacht noch miterleben, doch selbst wenn nicht, so war er unter den anderen Brüdern immer noch sicherer. Zumindest glaubte er das.

Dass jegliche Sicherheit nur eine Frage der Betrachtung war, hatte ihn der Großinquisitor deutlich spüren lassen. Natürlich war die Begegnung selbst schon verstörend gewesen, und Remy machte sich keine Illusionen, dass die Sache schon vollständig ausgestanden war. Wirklich sicher würde er sich erst fühlen, wenn er wieder daheim in Fleury war, am Besten in der Bibliothek, wo de la Champagnie und sein spanischer Freund dann nur noch eine ferne Erinnerung sein würden. Aber hier und jetzt konnte er nun, wo ihm keine drei Inquisitionsritter auf den Leib rückten, wieder genug Klarheit sammeln, und so stellte Remy fest, dass der Nachmittag im Garten doch nicht ganz umsonst gewesen war. Es galt, den Gefahren, die auf ihn warteten, mit klarem Kopf zu begegnen. Die Inquisitoren hatten ihn zutiefst eingeschüchtert, aber auch, weil sie ihn überrascht hatten. Dies durfte nicht noch einmal geschehen.

Er musste Guillaume finden und dann mit ihm gemeinsam Jonathan aufsuchen. Er brauchte den Ratschlag der beiden, er musste die kleinen bruchstückhaften Informationen in seinem Kopf zu einem großen Bild zusammensetzen, und er musste einen Plan schmieden, wie er den Gefahren begegnen würde, die auf ihn warteten. Nur so konnten sie ihn nicht noch einmal überraschen.

Remy machte sich auf den Weg, zu den anderen Mönchen und auf die Suche nach Guillaume. Ihn begleitete dabei das befremdliche Gefühl, dass die eigentliche und klare Gefahr, die er für sich und sein Leben verspürte, dabei von einem Gesandten des Heiligen Stuhl selbst ausging.
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« Letzte Änderung: Februar 07, 2009, 15:50:27 von Aphiel » Gespeichert

Ihr wünscht Euch mit mir zu messen? Bedenkt, zum wahren Können braucht es Agilität, Grazie und Stil - wie bedauerlich, dass die Passionen an Euch bei diesen gespart haben, mein Freund.

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Remy le Duc (Vampir)
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