Die wenigen darauf folgenden Stunden, könnten nur einen Traum beschreiben: Wie unwirklich führt Jasmin Max in ihr Haus. Wobei die Beschreibung Haus nicht ganz das trifft, was Max vor sich sieht. Es ist eine Fassade, vermutlich um die Jahrhundertwende entstanden, der Großteil ist erhalten geblieben. Große dunkle Fenster zieren das Anwesen. Jasmin zieht Max hinter sich rein. Sicher betritt sie das Haus. Sie wendet sich nach rechts und geht einige Stufen hoch.
"Hier findest du das Bad, einen Anzug lass ich dir holen. Ebenso wie etwas zu essen. entspann dich nur.."
Obwohl ihre Stimme melancholisch klingt, ist Vorfreude zu spüren, noch ehe Max was erwidern kann, lächelt sie und lässt ihn allein in einem Bad. Das Bad könnte für viele eine vier-Zimmer Wohnung sein, die Badewanne hat Ausmaße die jeder Beschreibung spotten.
Wie Gott in Frankreich., seufzt er leise in sich hinein, denn ein richtiges Bad hat er schon seit einigen Wochen nicht mehr gesehen. So läßt sich Max auch nicht zwei mal bitten und öffnet sich mit flüssigen Bewegungen aus dem Handgelenk den polierten Meesingwasserhahn der Wanne. Eine Wanne die er als eindeutig zuviel des guten verurteilt aber auch als angenehm zu benutzen glaubt.
Im kühlenden Wasser lehnt er sich zurück und läßt den Kopf auf dem Wannenrand ruhen. Unwillkürlich beginnen seine Gedanken über die doch ausgesprochen ungewöhnliche Begegnung mit Jasmin zu kreisen.
Wer war sie wohl? Wer war das wohl? Sie selbst vielleicht? Aber wieso sowas!? Wenn sie was gesehen hat, was sie nicht sollte, das würd ich ja irgendwo verstehen, soweit das bei jemand so krankem - wie dem Täter - noch drin is. Sie wäre bestimmt ein wirklich hübsches Mädchen ohne... vielleicht sogar so, wenn sie erstmal richtig versorgt wurde. Ahhhgr! Max schlägt mit Wucht seine Faust ins Wasser. Wellen drohen über den Rand hinweg zu schwappen.
Ich komme immer zu spät! Frustriert rutscht er ein wenig tiefer in das sich unruhig kräuselnde Wasser und beobachtet wie sich die Wellen brechen. In einem sich langsam einstellenden Zustand völliger und erholsamer Gedankenleere beginnt Max bereitwillig die vergehende Zeit zu vergessen. Als würde er in ein Feuer starren.
Ein Geräusch holt ihn wieder in die bewußte Gegenward.
Hat da jemand was gesagt? ... Egal. Genug rumgelegen. Mal sehn wie(!) Jasmin was zaubert.Am nächsten AbendDie Straßen in New York sind ein Alptraum, trotz der drückenden Hitze und dem bereits ausgelöstem Smog Alarm sind sie zum bersten gefüllt. Fast wie zu viele Ameisen in den den engen Gängen eines Ameisbaues. Scheinbar endlose Stunden, voll qualvoller Autofahrt, bis endlich das Ziel in Sicht ist. In einer kleinen Seitentrasse irgendwo an der Grenze zu Kings, gelegen an einem alten, heruntergekommenen Hafen.
Nur Bauzähne und Krähne sind zu erkennen, die wie Gerippe alter Fabelwesen, in den bewölkten Himmel ragen. Der Beton aufgerissen wie von Klauen. Doch ist am Hafen, in einem Führerhäuschen, eines alten Entladekrans immer wieder ein schwaches Leuchten zu erkennen...
Vor dir steht ein altes Hotel im Art-Deco Stil. Wie alle anderen Gebäude auch, ist dieses in wenigen Tagen zum Tode verurteilt. Es wird nicht zurückbleiben außer Staub, Beton und Stahl. Und vielleicht der letzte Seufzer an eine Erinnerung aus glücklichen, prachtvollen und fernen Tagen.
Draußen stehen einige wenige Kerzenleuchter, die das ganze in ein seltsam schummriges Dämmerlicht tauchen.
Der Boden des Hotels ist mit weißem Marmor bekleidet, doch durch das warme Licht, schimmert auch er leicht gelblich, ein wenig wie Wüstensand. Direkt neben dem Eingang befindet sich eine alte Garderobe mit einer Theke aus einem dunklem Kirschholz. Dahinter sind zwei Frauen und ein Mann, in einer schwarz-roten Uniform, mit weißem Hemd zu erkennen, welche unablässig ein Garderobenstück nach dem anderen Aufhängen. Ihre Gesichter sind zwar freundlich, doch vergisst man sie schnell wieder.
Die Wände sind mit edlem Stuck und einer Stofftapete umhüllt.
In der Mitte der große Hotellobby hängt ein prachtvoller Kronleuchter, eher schwebend in den Raum. Fast greifbar...
Vor Kopf sind zwei Relikte aus einer längst vergangen Zeit zu erkennen: Mit holzvertäfelte Aufzüge, mit einer altmodischen Etagenanzeige.
Umarmt wird dieser von zwei weit ausladenden Treppen, jede Stufe einzeln, verhüllt mit schwerem roten Stoff, fast fließend. Die Treppen führen hoch in die erste Etage, einst Ort, für viele Zimmer mit ihren kleinen und großen, bedeutungslosen und herausragenden Geschichten. Heute entkernt und umgebaut zu einem Saal. Der längst vergessene Parkettboden wurde für diese eine Nacht, aus der Vergessenheit empor gehoben. Der Raum ist länglich, überall stehen einige Tische, links an der Wand ein Buffet und rechts eine Bar. Mittendrin, Bilder, Skulpturen, Video - und Lichtinstallationen. Blitzlichter zucken immer wieder durch den Saal. Im Hintergrund, kann man leise Musik vernehmen, ebenso wie die Stimmen, vieler Menschen, was zu einem ohrenbetäubende, leisen und sinnlosem Rauschen von Tönen heran schwillt. Mittendrin stehst du...
Max irgendwo in einem Hotelsaal:Du kriegst die Tür nicht zu! blinzelt Max gedanklich vor sich hin und starrt dabei Löcher in verschiedene Richtungen seiner Umgebung um heraus zu lesen wofür dieser ganze Trubel wohl veranstaltet wird.
„Wo zum Henker bin ich hier eigentlich?“
Sollte ich nicht irgendwo in einem gemütlichen Appartement, mit Jasmin etwas leckeres essen?Max kneift kurz die Augen zusammen um das grässliche Lichtblitzen auszublenden und versucht sich mit aller Macht zu erinnern ob er vielleicht irgendwo in den letzten Stunden Drogen zu sich genommen haben könnte.
Keinen Schimmer.
Dann wendet er sich zu Jasmin - die er sich hoffentlich nicht eingebildet hat, immerhin muss sie ihn wohl dazu gebracht haben sie hier her zu begleiten. "Jasmin?"
Fortsetzung in
[Intime] Wraith – Gemeinsames Lied