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Mediathek => Buchrezensionen => Thema gestartet von: Silent am Januar 16, 2008, 21:48:11



Titel: Zorn des Drachen, Der - Margaret Weis, Don Perrin
Beitrag von: Silent am Januar 16, 2008, 21:48:11

Margaret Weis, Don Perrin - Der Zorn des Drachen (Drachenlanze-Saga; Raistlin-Chroniken Teil 2)

Broschiertes Taschenbuch
Veröffentlicht im Blanvalet Verlag, München, erschienen im Goldmann Verlag, München.
510 Seiten
Erscheinungsdatum: Mai 2000
ISBN: 3442249309

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"Der Zorn des Drachen" ist der zweite Band der Raistlin-Chroniken und ist somit die Fortsetzung von "Die Zauberprüfung"...
Raistlin hat die Prüfung der Zauberer bestanden und überlebt, wenn auch sogar noch sehr viel mehr geschwächt und einem noch schlimmeren Aussehen als schon in seiner Jugend. Als Rote Robe wird er in die Reihen der Zauberer von Krynn aufgenommen, doch wegen der schrecklichen Ereignisse während der Prüfung möchte ihn keiner der Zauberer im Orden der Roten Roben in die Lehre nehmen. Und so zieht der nach der Prüfung erheblich geschwächte Raistlin in Begleitung seines Bruders Caramon der trotz allem an seiner Seite bleibt in die Ferne, von dem Wunsch beseelt Kriegszauberer zu werden.
Seine Reise führt ihn nach einigen Zwischenfällen und einem unverhofften Wiedersehen mit Lemuel (ebenfalls ein Zauberer, bekannt aus "Die Zauberprüfung") in die Stadt Langbaum, in welcher der landläufig als ‚Spinnerbaron' bekannte Ivor von Langbaum eine Söldnerarmee anheuert. Dieser nimmt die beiden Zwillinge und ihren neugewonnen Freund, den seltsamen Halb-Kender Tauscher in die Ausbildung.
Raistlin wird von Horkin, einem Meister der Zauberkunst und Kriegszauberer ausgebildet. Der Wunsch des jungen Magiers scheint erfüllt, doch stellt sich heraus, dass Horkin ein Abtrünniger ist (ein Magier, welcher nie die Prüfung abgelegt hat oder nicht den Regeln der Erzmagier folgt und dennoch Magie praktiziert.) Raistlin bringt ihm zunächst einiges an Verachtung entgegen und denkt, er sei ihm weit überlegen, doch ändert sich dies ganz allmählich. Währenddessen wird auch berichtet wie Caramon und Tauscher als Soldaten gedrillt werden.
Ein weiterer - zunächst vollkommen anderer - Handlungsstrang beschreibt zeitgleich, wie die Schwester der Zwillinge Kitiara in den Dienst von General Ariakas tritt, einem Diener und General der dunklen Göttin Takhisis, welche ganz Krynn mit einer mächtigen Waffe zu unterwerfen gedenkt. Und eben zu diesem Zwecke, wird Kitiara mit einem gefährlichen Auftrag betraut: Sie soll einem der mächtigsten Wesen Krynns, einem von Takhisis wiedererweckten Drachen, gegenübertreten, ihn bändigen und unter die Herrschaft der dunklen Königin stellen.
Ohne es zu ahnen werden auch die Zwillinge in diesen Krieg von Takhisis mithineingezogen. Die vom Spinnerbaron angeheuerte Kriegsmacht zieht gegen die Stadt Hoffnungsende aus, doch aus einem anderen Grund, als sie zunächst denken...

Wie schon der Vorgänger "Die Zauberprüfung" ist auch der zweite Teil der Raistlin-Chroniken "Der Zorn des Drachen" wieder ein spannender und packender Roman aus dem Hause Weis, diesmal in Zusammenarbeit mit Co-Autor Don Perrin. Und trotzdem ein ganz kleines bisschen schlechter als der Vorgänger.
Buch ist, meiner Auffassung nach, weder sonderlich anspruchsvoll, noch niveaulos geschrieben. Die Autoren verwenden eine eindruckvolle, schön ausgeschmückte Sprache, mit der sie den Leser fesseln, und trotzdem lässt es sich ohne viel Anstrengung lesen. Neu im Erzählstil ist, dass drei zeitgleiche Handlungsstränge nebeneinander erzählt werden, doch wurde dieses "Problem" souverän gelöst und es wird fast keine Verwirrung beim Leser gestiftet.
Man sollte beachten, dass es nicht zwingend notwendig ist vorher "Die Zauberprüfung" gelesen zu.
Fazit: Wieder wird die Fantasie des Lesers beflügelt und erneut wird er in die abenteuerliche Welt von Krynn entführt. Auf jeden Fall lesenswert!


Leseprobe:

Am Ende des Ganges kamen sie zu einer steinernen Wendeltreppe, die nach unten führte. Der Soldat stieg die Stufen hinunter, und Raistlin folgte ihm. Am Ende der Treppe befand sich eine Holztür. Nachdem er stehen geblieben war, klopfte der Soldat donnernd dagegen. Drin klirrte es, als würde Glas zerbrechen.
"Du Hurensohn!", brüllte eine verärgerte Stimme. "Jetzt habe ich meinen Trank fallen lassen! Was zum Abgrund willst du?"
Der Soldat grinste und zwinkerte Raistlin zu. "Ich bringe den neuen Zauberer, Sir. Ihr sagtet, ich sollte ihn hier her bringen."
"Ja, wer zum Teufel rechnet denn damit, dass du so schnell wieder da bist!", knurrte die Stimme.
"Ich kann ihn wieder mitnehmen, Sir", schlug der Soldat respektvoll vor.
"Ja, mach das. Nein, lieber nicht. Er kann hier sauber machen, weil ja schließlich der Anlass war."
Man hörte Schritte, dann hob sich klirrend ein Riegel. Die Tür schwang auf.
"Das Meister Horkin", stellte der Soldat vor.
Raistlin, der einen Kriegszauberer erwartete, hatte mit Größe, Macht und Intelligenz gerechnet. Er erwartete, dass er von Erfurcht erfasst oder wenigstens inspiriert werden würde. Lemuels Vater war ein Kriegszauberer gewesen. Lemuel hatte seinen Vater oft beschrieben, und Raistlin hatte ein Porträt von ihm im Turm der Erzmagier hängen sehen - ein großer Mann mit weißen Strähnen im schwarzen Haar, Hakennase und Falkenaugen und den langen Fingern und feingliedrigen Händen eines Künstlers. So sah der Kriegszauberer seiner Träume aus.
Beim Anblick des Magiers, der in der Tür stand und ihn finster betrachtete, zerplatze Raistlins Traum und schwamm auf der Woge seiner Enttäuschung davon.
Der Magier war so klein, dass er Raistlin nur bis zur Schulter reichte. Was ihm an Größe mangelte, machte er durch seinen Umfang wett. Er war erst Ende vierzig, hatte aber kein Haar mehr auf dem Kopf - er hatte nirgendwo Haare, nicht einmal Augenbrauen oder Wimpern. Sein Hals war feist, seine Schultern breit, und die Hände wahre Pranken - kein Wunder, dass er die zarte Trankflasche hatte fallen lassen. Er hatte ein rotes, cholerisches Gesicht mit stechenden blauen Augen, deren Bläue durch die Röte seines Gesichtes noch betont wurde.
Aber es war nicht sein ungewöhnliches Äußeres, dass Raistlin irritierte und bewirkte, dass seine Lippen sich kräuselten. Der Magier - und ihn so zu bezeichnen wäre ein Kompliment gewesen, dass er wahrscheinlich nicht verdient hatte - trug braune Roben. Braune Roben - das Merkmal derer, die nie die Prüfung im Turm der Erzmagier abgelegt hatten, das Merkmal eines Zauberers, der entweder nicht geschickt genug war oder nicht genug Ergeiz hatte, um zu bestehen oder vielleicht Angst hatte. Was auch der Grund war, dieser Zauberer hatte sich nicht mit Leib und Seele der Magie verschrieben. Einen solchen Mann konnte Raistlin nicht respektieren.
Daher war er überrascht und pikiert, als er erkannte, dass ihm ebensoviel Verachtung entgegenschlug. Der braune gewandete Magier betrachtete Raistlin wenig wohlwollend.
"Oh, um Lunis Willen, sie haben mir einen verwunschenen Turmzauberer geschickt", knurrte Horkin.
Zu seinem tiefen Bedauern wurde Raistlin von einem Hustenanfall überfallen. Zum Glück war es nur ein kurzer, doch er trug nicht dazu bei, Horkin zu beeindrucken.
"Und obendrein noch kränklich", sagte Horkin angewidert. "Wozu zur Hölle sollst du gut sein, Roter?"
Raistlin machte den Mund auf um stolz zu verkünden, was schon beherrschte.
"Ich wette, du kannst einen Schlafzauber", beantwortete Horkin seine eigene Frage. "Das wird uns jedenfalls eine Menge helfen. Der Feind kann auf Schlachtfeld ein kleines Nickerchen halten, wacht erfrischt wieder auf und schlitzt uns den Bauch auf. Was zum Teufel gaffst du da?" Das galt dem Soldaten. "Du hast doch wohl zu tun."
"Ja, Sir, Meister Horkin." Der Soldat salutierte, drehte sich um und verschwand.
Horkin nahm Raistlin am Arm und zog ihn mit einem Ruck ins Laboratorium, der ihn fast umgerissen hätte. Dann schlug er die Tür hinter ihnen zu. Raistlin sah sich geringschätzig um, denn seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich. Das sogenannte Laboratorium war ein dunkler, schlecht beleuchteter, gemauerter Keller. Auf einem Regal standen ein paar zerlesene Zauberbücher. An der Wand hingen Waffen - Keulen, Streitkolben, ein schartiges Schwert und ein paar andere, gefährlich aussehende Werkzeuge, die Raistlin nicht kannte. Ein fleckiger, wackliger Schrank, enthielt Flaschen mit Gewürzen und Kräutern.
Horkin lies den jungen Magier los und sah ihn forschend an, als wäre er ein frisch geschlachtetes Tier beim Metzger. Offenbar hatte er keine große Meinung von dem, was er sah.
Raistlin erstarrte unter der beleidigenden Begutachtung.
Horkin stemmte seine fleischigen Hände in die Hüften (oder jedenfalls in deren ungefähre Gegend). Er hatte eine zapfenförmige Figur bei der Brust und Schultern den kräftigsten Teil ausmachten.
"Ich bin Horkin, für dich Meister Horkin, Roter."
"Mein Name ist -", setzte Raistlin förmlich an.
Horkin hielt warnend die Hand hoch. "Dein Name kümmert mich nicht, Roter. Ich will ihn nicht wissen. Wenn du deine ersten drei Schlachten überlebt hast, werde ich ihn mir vielleicht merken, vorher nicht. Früher habe ich mir die Namen gemerkt, aber das war eine verdammte Zeitverschwendung. Kaum kannte ich so ein Milchgesicht, kippte es mir auch schon in die Arme und starb. Inzwischen ist mir das egal. Füllen mir nur den Kopf mit nutzlosen Information."
Seine blauen Augen schweiften von Raistlin ab.
[…]
Er drehte sich um, ging zu einem steinernen Tisch und senkte seinen schweren Körper auf einen Hocker, der sein Gewicht, wie es schien, kaum zu tragen vermochte. Mit einem seiner feisten Finger zeigte er auf eine Seite des ledergebundenen Buches, das offen auf dem Tisch lag.
"Hilft wohl alles nichts. Ich muss noch mal von vorn anfangen."
Horkin deutete auf einen zerbrochenen Tiegel, dessen Inhalt über den Boden verteilt war. "Wisch das auf, Roter. In der Ecke stehen ein Schrubber und ein Eimer."
Raistlin schäumte bereits vor Wut, doch jetzt verlor er die Beherrschung. "Das werde ich nicht tun!", rief er und stieß den Stab bekräftigend auf den Steinboden. "Ich werde nicht für euch putzen. Ich werde mich nicht einem Mann unterordnen, der unter mir steht. Ich habe im Turm der Ermagier die Prüfung abgelegt! Ich habe für die Magie mein Leben aufs Spiel gesetzt! Ich hatte keine Angst -"
"Angst?", unterbrach Horkin seinen Wortschwall. Mit grimmiger Belustigung sah er von dem Buch auf, das er beschmierte. "Wir werden ja sehen, wer Angst hat, bei Luni!"
"Wenn Ihr in meiner Gegenwart seid", erklärte Raistlin kalt und kein bisschen eingeschüchtert, "werdet ihr der Göttin Lunitari den Respekt zollen, den sie verdient hat -"
Für einen so schweren Mann konnte Horkin sich schnell bewegen. Eben saß er noch auf dem Hocker, im nächsten Augenblick schien er sich direkt vor Raistlin zu materialisieren wie ein Teufelchen, das aus dem Abgrund hervorbrach.
"Hör mir zu, Roter", sagte Horkin, der Raistlin den Finger auf die dünne Brust setzte. "Erstens gibst du mir keine Befehle. Ich gebe dir Befehle, und ich erwarte, dass du meine Befehle befolgst. Zweitens sprichst du mich mit Meister Horkin oder Sir oder Meister an. Drittens kann ich die Göttin bezeichnen, wie es mir verdammt noch mal passt. Wenn ich Luni zu ihr sage, dann deshalb, weil ich das Recht dazu habe. Wir haben nächtelang unter den Sternen miteinander getrunken und uns die Flasche hin und her gereicht. Ich trage ihr Symbol auf dem Herzen."
Er nahm seinen Finger von Raistlins Brust weg zu seiner eigenen, um auf ein gesticktes Abzeichen mit dem Symbol von Lunitari zu deuten, das er über der linken Brust trug, ein Abzeichen, dass Raistlin nicht bemerkt hatte. "Und ich trage ihr Emblem um den Hals."
Horkin zog einen Silberanhänger unter seinen Roben hervor und hielt ihn Raistlin so dicht vor die Augen, dass der zurückzuckte, damit er ihm nicht gegen die Nase stieß.
"Das hat mir die süße Luni mit ihren eigenen, schönen Händen geschenkt. Ich habe sie gesehen, ich habe mit ihr gesprochen." Horkin trat einen unmöglichen Schritt näher, so dass er praktisch auf Raistlins Zehen stand. Der ältere Zauberer starrte zu Raistlin hoch, in ihn hinein, durch ihn hindurch.
"Ich trage vielleicht nicht ihr Symbol", erwiderte Raistlin, der standhielt und nicht weiter zurückwich, "aber ich trage ihre Farbe, Rot, wie Ihr so scharfsinnig bemerkt habt. Und sie hat auch mit mir gesprochen."
Die Stille zwischen ihnen war aufgeladen wie nach einem Blitzschlag. Raistlin warf einen genaueren Blick auf das Symbol von Lunitari. Es bestand aus massivem Silber, war alt, sehr alt, und fein gearbeitet und schimmerte vor in ihm schlummernder Macht. Fast hätte er geglaubt, dass es wirklich von Lunitari stammte.
Horkin schaute sich Raistlin näher an, und vielleicht hefte der alte Zauberer ganz ähnliche Gedanken wie der Jüngere.
"Lunitari selbst hat mir dir gesprochen?", fragte Horkin und hob den Finger, den er in Raistlin gebohrt hatte, hielt ihn hoch und zeigte zum Himmel. "Schwörst du das?"
"Ja", bestätigte Raistlin ruhig. "Beim roten Mond, ich schwöre."
Horkin grunzte. Er schob sein Gesicht noch einen unmöglichen Zoll näher an Raistlin heran. "Jan, was, Soldat?"
Raistlin zögerte. Er mochte diesen Mann nicht, der ungehobelt und ungebildet war und wahrscheinlich nicht ein Zehntel der Magie besaß, über die Raistlin verfügte, und der ihn dennoch dazu zwingen würde, ihn als Vorgesetzten zu behandeln. Dieser Mann hatte Raistlin gedemütigt und beleidigt. Um ein Kenderkupferstück hätte Raistlin sich umgedreht und wäre aus dem Laboratorium gelaufen. Doch in dieser letzen Frage entdeckte Raistlin eine Änderung des Tonfalls, eine Andeutung von - nicht Respekt, aber Akzeptanz. Er wurde als Bruder akzeptiert, auch wenn sein Leben hart und gefährlich sein würde. Doch diese Bruderschaft würde ihn, wenn er einmal aufgenommen war, auch umarmen und mit unerschütterlicher Loyalität zu ihm halten. Die Bruderschaft von Magus und Huma.
"Ja... Meister Horkin", sagte Raistlin. "Sir."
"Gut." Horkin grunzte wieder. "Vielleicht kann ich doch noch etwas aus dir machen. Keiner von den anderen hat auch nur begriffen, wovon die Rede war, wenn ich Luni, die liebe Luni, erwähnte."
Er zog die Stelle hoch, wo seine Augenbrauen hätten sein sollen, wenn er welche gehabt hätte. "Und nun, Roter", Horkin zeigte auf den zerbrochenen Tiegel, "räum das auf."



Rezension erstellt von Phoenix