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Autor Thema: Armand der Vampir - Anne Rice  (Gelesen 7215 mal)
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Loewe


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« am: Januar 12, 2008, 00:17:00 »

Autor: Anne Rice
Titel: Armand, der Vampir
Verlag: Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main
Seitenanzahl: 544
ISBN: 3-596-15626-2
Bestellen bei: Amazon


Vampire aus aller Welt versammeln sich in New Orleans, wo der große Vampir Lestat leblos in einer Kapelle liegt. Tot oder nur im Koma? Während der junge, attraktive Armand noch darüber spekuliert, wird er aufgefordert, aus seiner Vergangenheit zu erzählen. Dies ist der Auftakt zu einer langen, schmerzvollen Lebensgeschichte. Sie beginnt im 16. Jahrhundert in dem von Mongolen beherrschten Kiew und führt über Konstantinopel ins Venedig der Renaissance, wo Armand von einem venezianischen Künstler aus der Leibeigenschaft freigekauft wird. Bei dem Venezianer, hinter dem sich der mächtige Vampir Marius verbirgt, gerät der einst gottesfürchtige Armand in einen Sog aus Erotik und Leidenschaft. Ins Straucheln kommt er jedoch erst, nachdem ihm Marius die Unsterblichkeit verliehen hat. Armand gibt sich bösen Mächten hin und dient in seiner Verblendung schließlich dem skrupellosen Anführer eines Ordens der Teufelsjünger. Armand ist hin- und hergerissen zwischen dem Glauben an das Gute und der Hinwendung zum Satan. So erstrecken sich seine Abenteuer über das Paris des 16. Jahrhunderts bis ins heutige New Orleans. Dort muss er sich endgültig entscheiden: für die Unsterblichkeit des Fleisches oder die Rettung seiner Seele.

Armand der Vampir (The Vampire Armand) ist ein weiterer, mitreißender Band aus der Chronik der Vampire. Erneut führt Anne Rice den Leser in die Welt der Vampire mit all ihren Schattenseiten und erneut gelingt es ihr, die Faszination an dieser Welt aufrecht zu erhalten. Wie schon in ihren vorigen Büchern, ist es auch dieses Mal die Hauptperson die ihre Lebensgeschichte in der Ich-Form diktiert. Gerade diese Erzählform ist es, die den Leser immer wieder mitreisst, ihn mit dem „Feind des Menschen“ mitfühlen und das Geschehen sogar möglich erscheinen lässt. Von dem klischeehaften Bild eines blutrünstigen, gefühllosen Monsters bleibt nichts mehr übrig, wenn man die vielschichtigen und teilweise beinahe menschlichen Vampire kennen gelernt hat. Wieder einmal geht es Anne Rice nicht nur um die Darstellung eines Vampirs, sondern auch um Ethik, Moral, Glauben und Wertvorstellungen. Der Leser, der das teilweise recht anspruchsvolle Buch mit all seinen Hintergründen erfasst hat, wird sich bestimmt noch eine Weile mit einigen Äußerungen beschäftigen, darüber nachdenken und vielleicht sogar zu der ein oder anderen neuen Erkenntnis kommen. Armand, der Vampir steht den bisherigen Romanen der Vampirchroniken um nichts nach und wer schon von den vorigen Bänden begeistert war, wird auch dieses Mal nicht enttäuscht werden. Den Neulingen unter den Lesern würde ich das Buch ebenso empfehlen, doch zum besseren Verständnis einiger Passagen bietet es sich vielleicht an, vorher die Romane „Nachtmahr“ (The tale of the body thief) und „Memnoch der Teufel“ (Memnoch the Devil) zu lesen. Ferner ebenso „Interview mit einem Vampir“ (Interview with the Vampire), „Der Fürst der Finsternis“ (The Vampire Lestat) und „Königin der Verdammten“ (Queen of the Damn), diese enthalten jedoch hauptsächlich nur zusätzliche Informationen. Insgesamt gilt: Wer mit einer niveauvollen Geschichte über das vollkommen neu beschriebene Wesen Vampir etwas anfangen kann, der findet in „Armand, der Vampir“ genau das richtige Buch und wer einmal Blut geleckt hat, der legt es so schnell nicht wieder aus der Hand.

Leseprobe:
Durch einen Nebel sah ich seine Konturen, als er sich mir näherte. Ich spürte, wie seine Hände mein gesicht umfingen, damit ich ihn anschaute. Ich sah das Glimmen seiner blauen Augen, eisige Flammen, undeutlich, doch mit wildem Feuer.
„Gut denn, mein Schöner. Dies ist der Augenblick. Willst du mit mir kommen und wie ich sein?“ Seine stimme tönte voll und beruhigend, obwohl tiefe Pein darin klang.
„Ja, ich gehöre Euch, auf immer und ewig.“
„Und willst auf ewig und im Geheimen vom Blut der Übeltäter dich nähren, wie ich es tue, und willst diese Geheimnisse wahren bis zum Ende aller Zeiten, wenn es sein muss?“
„Ja das werde ich. Ich will es.“
„Und willst von mir alles lernen, was ich dich lehren kann?“
„Ja, alles.“
Er hob mich auch dem Bett. Als ich gegen seine Brust sank, drehte sich alles in meinem Kopf, und der Schmerz bohrte so stark darin, dass ich einen leisen Schrei ausstieß.
„Nur noch eine kleine Weile, mein Liebster, mein junger, wunder Liebster“, flüsterte er mir ins Ohr.
Nachdem er mir sanft die Kleider ausgezogen hatte, senkte er mich in das warme Wasser des Bades und lehnte ganz vorsichtig meinen Kopf gegen den gefliesten Rand. Ich ließ meine Arme im Wasser treiben und fühlte es gegen meine Schultern schwappen. Mit den Händen schöpfte er das Wasser über meine Glieder. Zuerst wusch er mir das Gesicht, anschließend meinen leib. Seine harten, seidigen Finger tasteten über mein Gesicht.
„Nicht ein winziges Härchen von einem Bart ist zu sehen, und doch bist du da unten bestückt wie ein ganzer Mann. Und nun musst du dich über die fleischlichen Freuden erheben, die du so geliebt hast.“
„Das werde ich, ich will es“, flüsterte ich. Ein entsetzliches Brennen fuhr über meine Wange. Der Schnitt dort riss weit auf. Ich wollte mit der Hand danach tasten, doch Marius hielt sie fest. Es war nur sein Blut, das er in die schwärende Wunde hatte tropfen lassen. Und während das Fleisch noch kribbelte und brannte, fühlte ich schon, wie sich der Schnitt schloss. Den Kratzer an meinem Arm und den noch kleineren auf meinem Handrücken behandelte er genauso. Mit geschlossenen Augen gab ich mich der zauberischen, lähmenden Wonne seines Blutes hin.
Abermals kam seine Hand, glitt sachte über meine Brust, über meine Geschlechtsteile, untersuchte zuerst das eine, dann das andere Bein, vielleicht auf der Suche nach dem kleinsten Riss oder Makel der Haut. Wieder einmal übermannten mich diese wahnsinnigen, bebenden Schauer der Lust.
Ich merkte, dass er mich aus dem Wasser hob und warm einwickelte. Dann kam der plötzliche Luftzug, der mir zeigte, dass er mich – schneller schockartig gegen meine Füße, was mir in meinem Fieber unsäglich gut tat.
Wir standen im Studio, mit dem Rücken zu dem Bild, an dem er vor ein paar Nächten noch gearbeitet hatte, und blickten auf eine weitere Leinwand mit einem Kolossalgemälde, auf dem unter einer gleißenden Sonne und kobaltblauem Himmel zwei windumwehte Gestalten inmitten eines Haines standen.
Die Frau war Daphne, deren hochgereckte Arme sich gerade in dicht belaubte Lorbeerzweige verwandelten. Ihre Füße, zu Wurzeln verformt, bohrten sich schon tief in die braune Erde. Und hinter ihr der Gott Apollo, herrlich anzusehen mit goldenem Haar und köstlich muskulösen Gliedern, verzweifelt, weil er zu spät gekommen war, um Daphnes tödliche Metamorphose aufzuhalten, diese wahnsinnige, magische Flucht vor seinen bedrohlichen Armen.
„Sieh die gleichgültigen Wolken hoch oben“, flüsterte mein Herr mir ins Ohr. Dabei zeigte er auf die breiten Streifen Sonnenlichtes, die er mit größerer Kunstfertigkeit gemalt hatte als die Männer, die sie tagtäglich erschauen durften.
Dann sagte er die Worte, die ich schon vor langer Zeit Lestat anvertraut habe, als ich ihm meine Lebensgeschichte erzählte, Worte, die er glücklicherweise aus den wenigen Bildern barg, die ich ihm von jener Zeit übermitteln konnte. Wenn ich nun diese Worte wiederhole, die letzten, die ich als sterblicher Knabe vernehmen sollte, höre ich wieder Marius’ Stimme:
„Dies ist die einzige Sonne die du je wieder sehen wirst. Aber die Nächte ganzer Jahrtausende werden dir gehören, um ein Licht zu sehen, wie es keinem Sterblichen vergönnt ist, um es, als seist du Prometheus, von den fernsten Sternen ergattern, und um der wahren Erleuchtung teilhaftig zu werden.“
Und ich, der ich in jenem mir verwehrten Reich ein himmlisches um vieles herrlicheres Licht gesehen hatte, sehnte mich nur danach, dass er es nun auf ewig überschatte.


Rezension erstellt von Elayne
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